Nachrichten aus der bewohnten Welt

■ Ror Wolf bekommt den Bremer Literaturpreis '92 / Der Förderpreis geht an den Lyriker Durs Grünbein

Weiße Wölkchen ließ gestern die Jury der Rudolf-Alexander- Schröder-Stiftung steigen: Habemus! Ror Wolf also, unermüdlicher Wortarbeiter, heimst den heurigen Bremer Literaturpreis ein. Damit gehören ihm außer der Ehre bankfrische 30.000 Mark (im Vorjahr waren's noch 15.000).

Weitere 10.000 Mark (vorjahrs 7.500) namens „Förderpreis“ erhält Durs Grünbein (29), für seinen Gedichtband „Schädelbasislektion“ (Suhrkamp 1991). Grünbein ist ein Lyriker, der die gewesene DDR einfach nicht unbehelligt verwesen lassen kann: als „Neurologen der ostdeutschen Schädelstätte“ besang ihn, auch nicht faul, die ehrenwerte Jury (in der u.a. Rolf Michaelis von der „Zeit“ neben unserer einheimischen Martha „Stadtbibliothek“ Höhl sitzt).

Mit Ror Wolf, Jahrgang 1932, hat der Preis einen Preiswerten getroffen: Seit 1963 arbeitet Wolf als freier Schriftsteller an der konsequenten Kürzung dessen, was gesagt werden muß. Inzwischen gelingt es ihm, in seinen Geschichten von hinterhältiger Schlichte dermaßen viel unerwähnt zu lassen, daß einen der aufregendste Argwohn gegen eine Welt außerhalb des Textes beschleicht und nicht mehr verläßt.

Ror Wolf, der hier wie dort unheimisch zuhause ist, macht da keine Unterschiede mehr: „Wenn mir dieser Autor“, schreibt Eckhard Henscheid, „aufgewühlt von seinen jüngsten Arzt-Konsultationen und Blechschäden erzählt, muß ich heimlich lachen wie ganz offen bei der Lektüre seiner gruselig schönen Bücher.“

Den bremischen Literaturpreis erhält Ror Wolf für sein neues Buch „Nachrichten aus der bewohnten Welt“ (siehe Leseprobe nebenan). Verliehen werden Preis und Förderpreis am 28. Januar 1992. schak