Schöne Gerüche für die Seele

■ Mit einer Aromatherapie steigert sich das Wohlbefinden/ Vorsicht vor gepanschten Mischungen

Berlin. »Viele Leute können schon gar nicht mehr riechen«, meint die Heilpraktikerin Ingrid Heinen Greubel. Durch die Luftverschmutzung seien die Riechzellen der menschlichen Nase schon völlig abgestumpft. Deshalb sei sie von den heilenden Kräften der ätherischen Öle überzeugt. Schon im Eingang zu ihrem Behandlungszimmer stehen rund 20 Probefläschchen, an denen ihre PatientInnen schnuppern dürfen.

Seit ein paar Jahren boomt der Markt der ätherischen Öle, die aus Blüten, Blättern oder Kernen der Pflanzen gewonnen werden. Mittlerweile befinden sich in den meisten Bioläden, Drogerien und Reformhäusern Duftecken, in denen sich die KundInnen über Aromatherapie und ätherische Öle informieren können.

»Die Essenzen wirken direkt auf den Teil des menschlichen Gehirns, der den Emotionen zugeordnet wird«, bestätigt Ingrid Heinen Greubel. »Wenn sich jemand mal nicht so gut fühlt, vielleicht ein bißchen depressiv ist, kann das Schnuppern an einem anregenden Öl, beispielsweise Bergamotte, schon helfen.« Zugleich aber können die Essenzen auch fürs Badewasser oder für Massage gebraucht werden.

In den ätherischen Ölen sind die Duftstoffe der Pflanzen in hochkonzentrierter Form enthalten. Schon ein oder zwei Tropfen des reinen Öls können anregend, konzentrationsfördernd oder beruhigend wirken. Mit Wasser verdünnt in einer Duftlampe sorgen sie für gute Zimmerluft und haben dabei keimtötende Wirkung. »Mit Mandelöl aus der Apotheke kann ein Öl für die Haut hergestellt werden«, so Horst Rausch, Besitzer eines Bioladens in Wilmersdorf.

Erika Rilling, Mitinhaberin einer vor drei Wochen eröffneten Natürlichen Drogerie in Schöneberg, konnte bestätigen, daß das Interesse an ätherischen Ölen immer mehr steigt. Selbst begann sie vor rund drei Jahren, sich beruflich mit den duftenden Essenzen zu beschäftigen. »Ich glaube, daß die Leute aufgrund der Umweltverschmutzung umdenken. Viele sind gegenüber ätherischen Ölen und Naturkosmetik offener geworden«, so Erika Rilling. Sie könne allerdings niemandem empfehlen, eine Krankheit mit ätherischen Ölen zu heilen. Die Leute sollten dann lieber zu einer Heilpraktikerin oder einer Ärztin gehen.

Aber ist es nicht eher der Glaube an die Düfte, der hilft? Rilling verneint vehement. Es sei die Kraft der aus den Pflanzen gewonnenen Essenzen. Natürlich würden viele unechte, synthetische Öle angeboten, die jedoch keine heilende Wirkung hätten, so Erika Rilling. Für einen Laien seien die Unterschiede nicht zu riechen. Selbst Fachleute könnten von einer Imitation getäuscht werden.

Allerdings ist sie der Ansicht, daß es auch viele Hersteller gebe, denen man Vertrauen schenken könne und die gute Produktinformationen lieferten. Der erste Vorsitzende des Landesverbandes der Berliner Apotheker, Bernd Schnautz warnt trotzdem vor gepanschten Ölen und kritisierte, daß auf vielen Fläschchen keine Inhaltsstoffe angegeben seien. »Ich empfehle den Leuten, sich richtig zu informieren. Die Aromatherapie befindet sich im medizinischen Grenzbereich und ist mit Vorsicht zu genießen.« Schnautz bezweifelt, daß die Fachliteratur ausschließlich von kompetenten Leuten geschrieben werde. Fachkompetenz spricht er HeilpraktikerInnen aber durchaus zu. Dennoch wird die Aromatherapie auch von einigen ApothekerInnen empfohlen.

Die Preise der echten Essenzen sind sehr unterschiedlich. Sie hängen von der Pflanze selbst ab, von ihrer Herkunft und von dem Herstellungsverfahren der ätherischen Öle. »Man kann generell sagen, daß die aus Blüten gewonnenen Öle am teuersten sind«, erklärt Erika Rilling. Für einen Tropfen Rosenöl brauche man beispielsweise 300 Rosenblüten. Die Zitrusöle hingegen seien durch das sogenannte Kaltpressverfahren mit Schalen von Orangen oder Zitronen recht billig herzustellen.

Die Drogerie-Inhaberin betrachtet den Boom jedoch auch mit einer Prise Skepsis. Es gebe immer Menschen, die auf Modewellen mitschwämmen. Das wolle sie aber auf keinen Fall den Leuten unterstellen, die sich wirklich damit beschäftigten.

Wer sich Öle kaufen wolle, sollte sich nicht gleich zu viele verschiedene zulegen. Besser sei es, ein Buch über Aromatherapie zu Rate zu ziehen, rät Erika Rilling. Auch sollte man oder frau nicht einfach Rezepte übernehmen, sondern selbst ausprobieren, was ihm oder ihr am besten liege. »Ich darf als Drogistin niemandem raten, die Öle einzunehmen«, sagt Erika Rilling. Dem schließt sich ein Apotheker an. »Die Kraft der ätherischen Öle ist so stark, daß sie die Schleimhäute angreifen können.« Susanne Landwehr