Will Genscher UNO-Chef werden?

Genf (taz) — Nach mehreren Testabstimmungen hat der UNO-Sicherheitsrat in New York für gestern nachmittag (Ortszeit) den ersten formellen Wahlgang für den Nachfolger von UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar auf die Tagesordnung gesetzt. Mit einem endgültigen Ergebnis im Sicherheitsrat sowie seiner Bestätigung durch die UNO-Vollversammlung wird in der UNO allerdings erst für die erste Dezemberhälfte gerechnet. Ähnlich wie bei der Wahl de Cuellars im Dezember 1981 ist auch diesmal die Wahl einer bislang noch nicht öffentlich genannten Person nicht auszuschließen. In Bonn gibt es Spekulationen, daß Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher an dem Posten interessiert ist. Aus der nächsten Umgebung Genschers verlautete, er halte sich für die Aufgabe geeignet und rechne sich Chancen aus.

Nicht zuletzt deshalb habe er am Sonntag vorletzter Woche gegenüber der 'Welt am Sonntag‘ in einer für ihn ungewöhnlich definitiven Weise erklärt, er stehe für die Nachfolge Richard von Weizsäckers als Bundespräsident nicht zur Verfügung. Aussichtsreichste Kandidaten bei den bisher anonym durchgeführten Testwahlen sind der ägyptische Vizepremierminister Boutros Ghali sowie Zimbabwes Finanzminister Bernhard Chidzero. Allerdings haben sich nach zuverlässigen Informationen aus den UNO-Korridoren die USA enthalten. Washington hat Bedenken gegen einen afrikanischen Generalsekretär, weil durch ihn die Rolle der „Drittwelt-Staaten“ innerhalb der UNO gestärkt werden könnte.

Der einzige Nichtafrikaner, gegen den keines der fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder bislang ein Veto einlegte, ist Saddrudin Aga Khan, der derzeit als Sonderbeauftragter de Cuellars für das humanitäre Programm in der Golfregion mit dem Regime Saddam Husseins verhandelt. azu