Vahrer DVU-Beirätin — keine „Memme“

■ Auto wurde demoliert, Hauswand beschmiert: aber 70jährige ließ sich nicht einschüchtern

Eine 70jährige Frau, Bremer DVU-Mitglied der ersten Stunde, vertritt seit Ende September die rechtsextreme DVU (Deutsche Volksunion) im Beirat Vahr. Ein Engagement, das sie teuer zu stehen kam: In der Nacht vom 11. auf den 12. November wurde ihr Auto von unbekannten TäterInnen demoliert, die Reifen zerstochen. Die Reparaturwerkstatt stellte 2.427 Mark in Rechnung. Die TäterInnen hinterließen außerdem an der Hauswand den Spruch: „M. ist eine Faschistin.“ Telefonisch erkundigten sie sich nach dieser nächtlichen Aktion bei der alleinstehenden Frau, ob diese denn mit ihrer „Abreibung“ zufrieden sei.

In jener Nacht geschah mindestens einem weiteren DVU-Beirat, dem Klöckner-Arbeiter Hans-Herbert Beyer in Walle Ähnliches. Wochen vorher war bereits auf die Wohnung des Huchtinger DVU-Spitzenkandidates Kurt Wolter ein mißglückter Brandanschlag verübt worden. Im Gegensatz zu diesen DVU-Vertretern will Frau M. jedoch ihr Mandat nicht zurückgeben: „Ich habe keinen Mann und kein Kind, die mir sagen: Laß das! Und ich will den übrigen Beiräten nicht den Mut nehmen.“ Sie wolle damit jedoch auf keinen Fall zu verstehen geben, die zurückgetretenen DVU-Beiräte seien „Memmen“.

Frau M. über Frau M.: „Ich bin eine handfeste Frau. Ich war über vierzig Jahre Krankenschwester.“

Im Gegensatz zu anderen DVU-Vertretern hatte Frau M. die gewaltsamen Vorkommnisse dem Beirat bewußt nicht mitgeteilt, sie habe „damit keine Propaganda machen“ wollen. Mehr zufällig hatte Ortsamtsleiter Arnold Müller davon vorgestern erfahren und eine „einstimmige Erklärung des Beirates Vahr“ gegen die „massiven Bedrohungen“ veranlaßt.

Das öffentliche Anprangern als „Faschistin“ war für Frau M. viel schockierender als das beschädigte Auto: „Jeder, der vorbeiging, konnte es lesen.“ Frau M. selbst versteht sich ganz und gar nicht als „Faschistin“. Sie gibt sich vielmehr als Anhängerin des untergegangenen Habsburger Reiches zu erkennen: Um den Hals trägt sie ein Medaillon von Kaiser Franz-Joseph. Sie ist in Prag geboren, ihr Deutsch ist durch einen tschechischen Akzent gefärbt.

Zur DVU will sie sich zunächst gar nicht äußern. Dann sagt sie: „Mein Mann und ich sind der CDU lange, lange sehr nahe gestanden. Aber diese Machenschaften, dieser Filz in den großen Parteien... Ich glaube, daß man als kleine Partei, die nicht korrupt ist, als Beirat etwas bewirken kann.“ Sie wolle etwas dagegen tun, daß die Vahr völlig verwaise, daß alle kleinen Läden dichtmachten, daß alte Menschen immer weniger zu Fuß erledigen könnten und seit der „Comet“- Markt weg sei, auch keine Lebensmittel mehr ins Haus gebracht bekommen könnten.

Frau M. ist vorsichtig mit Äußerungen gegenüber der Presse. Zur Asylpolitik ist ihr denn auch nur soviel zu entlocken: „Es geht nicht, daß Deutschland alle hungernden Leute in der Welt aufnimmt. Es müßte Quoten geben, damit das auf ganz Europa verteilt wird.“

Ortsamtsleiter Müller hatte Frau M. nach der Ausschußsitzung am Donnerstag abend angeboten, sie zu Fuß nach Hause zu begleiten. Doch das hatte Frau M. dankend abgelehnt: „Herr Müller hat keinen Führerschein und wollte zu Fuß gehen. Ich bin lieber mit meinem Wagen zurückgefahren.“ Barbara Debus