: Sekt oder Seiters
■ Mit gemischten Gefühlen begrüßt der Deutsche Sport-Bund den neuen Sportminister Rudolf Seiters
Frankfurt/Berlin (dpa/taz) — Dem deutschen Sport-Bund ist leicht mulmig zumute: Der Hauptgönner des organisierten Sports verläßt die Schatzkammer, aus der in der Vergangenheit so üpig die Gelder flossen — Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Der bekanntermaßen große Förderer des Sports legt sein Amt nieder, um CDU/CSU- Fraktionsvorsitzender zu werden.
Sein Nachfolger soll der bisherige Kanzleramtsminister Rudolf Seiters werden — ein im Hinblick auf den Sport fast unbeschriebenes Blatt. „Schäuble war ein dem Sport wirklich wohlgesonnener Mann“, schmeichelt Willi Daume, Präsident des deutschen Nationalen Olympischen Komitees (NOK). „Ich glaube an einen nahtlosen Übergang“, hofft Hans Hansen, Präsident des Deutschen Sport-Bundes (DSB), auf eine gleichbleibende finanzielle Zuwendung. Zu verlieren haben die Verbände einiges: mit über 250 Millionen D-Mark ist das Innenministerium der mit Abstand größte Sponsor des deutschen Leistungssport. Nicht auszudenken, wenn die Funktionärsreisen in Zukunft gestrichen werden müßten... Schäuble war dem Sport immer nach Geldkräften zur Seite gestanden, vor allem in den letzten beiden Jahren der auch sportiven Wiedervereinigung. Er setzte durch, daß die Bundeshaushaltsmittel für den Sport im Oktober 1990 von rund 130 Millionen D-Mark kräftig um 71,6 Millionen D-Mark aufgestockt wurden. Im Haushalt für 1992 ist noch einmal eine Steigerung auf 268 Millionen vorgesehen. Offiziell soll der 54 Jahre alte Seiters die Schäuble-Linie weiterfahren. Aber gerade unter ihm steht Ende 1992 die Diskussion über die zukünftige Bonner Förderung des Sp(r)itzensports bevor, weitere Steigerungsraten sind nicht durchsetzbar, eher stehen Kürzungen im Raum. In solchen politischen Auseinandersetzung spielt dann das persönliche Interesse des Ministers für den Sport eine große Rolle. Bisher trat Seiters als Kanzleramtsminister nur bei Bonner Gesprächsrunden über Hooliganismus in Erscheinung. Alles, was ihm dazu einfiel, war Härte, Härte, Härte. So darf man gespannt sein, wie er mit anderen Problemen etwa mit Doping umzugehen pflegt. miß
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