Shimon Peres stärkt seine Position

„Tauben“ und „Falken“ haben sich am Ende des Parteitages der „Arbeit“ auf ein Kompromißprogramm geeinigt  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Allen Prognosen zum trotz, hat der bisherige Parteivorsitzende Shimon Peres bei dem am Mittwoch abend in Jerusalem zuende gegangenen Parteitag der „Arbeitspartei“ seinen Einfluß stärken können. Für die im Februar anstehenden parteiinternen Wahlen, in denen die Entscheidung über den neuen Parteivorsitzenden und zugleich Kandidaten für das Amt des Premierministers und über die Kandidaten für die Knesset fallen wird, hat sich Peres damit gegenüber seinem Rivalen Jitzak Rabin in eine unerwartet starke Position gebracht — was aber über den Ausgang der Wahl noch nichts sagt.

Peres' Erfolgsrezept bestand offenbar darin, sich als Verfechter des Kompromisses zwischen den polarisierten Positionen der „Tauben“ und „Falken“ zu profilieren. Er rief zur Einheit auf und bat die beiden Lager, ihre Änderungsvorschläge zum Parteiprogramm nicht zur Abstimmung zu bringen. Er sorgte dafür, daß man sich stattdessen auf das Gesamtkonzept des Vorbereitungsausschusses als gemeinsame Basis einigte. Die „radikalen Tauben“, die ursprünglich weitgehende programmatische Änderungen vor allem im Verhältnis zur PLO und in der Frage der besetzten Gebiete verlangt und andernfalls mit Austritt gedroht hatten, gaben sich damit zufrieden, da auch das Kompromißprogramm deutliche Abweichungen gegenüber dem harten Kurs der Falken beinhaltet.

Ex-Verteidigungsminister Rabin, der Wunschkandidat der Falken wiederum erklärte, er messe den programmatischen Entscheidungen „keine große Bedeutung bei. Viel wichtiger seien die „praktischen Vorbereitungen für die kommenden Wahlen im nächsten Jahr.

Nach der neuen Programmatik befürwortet die Partei im Golan einen „territorialen Kompromiß mit Syrien“, der „Israels Sicherheit“ garantiert. Bestehende Siedlungen im Golan sollen gefestigt werden. Der Bau neuer Siedlungen in den besetzten Gebieten soll für ein Jahr „eingefroren“ werden, aber nur außerhalb des Jordangrabens und Ostjerusalem. Dort soll die Siedlungstätigkeit „normal“ weitergehen. Der Zeitraum von einem Jahr bezieht sich auf die geplanten „Autonomie“-Verhandlungen mit den Palästinensern. Die „legitimen nationalen Rechte der Palästinenser“ werden anerkannt; die PLO, die früher explizit als Verhandlungspartner abgelehnt wurde, wird nicht erwähnt. Diese neuen Formulierungen stellen zwar einen Kompromiß zwischen den verschiedenen Fraktionen dar, werden aber als Niederlage der Falken interpretiert. Mit dem neuen Programm paßt man sich — wenn auch mit aller Vorsicht — einer neuen Realität an, doch „gibt es der Partei keine wirklichen Werkzeuge in die Hand, um den Friedensprozeß tatsächlich voranzutreiben“, wie der ehemalige Parteisekretär Uzi Baram anmerkte.

In die letzten Stunden des Kongresses fiel eine Debatte über den Vorschlag, in Israel endlich die Zivilehe einzuführen. Bislang sind nur religiöse Trauungen zulässig. Dann kam die Sensation: Der Knessetabgeordnete Abraham Burg, selbst ein „Religiöser“, brachte einen Resolutionsvorschlag ein, demzufolge die Partei eine Trennung von Religion und Staat in Israel befürwortet. Da nur ein kleiner Teil der Delegierten anwesend war, wurde die Resolution mit 390 gegen 302 Stimmen angenommen. Die Parteiführung war „entsetzt“ und sucht seither Wege, um „diesen groben Fehler wiedergutzumachen“, damit die Partei der Arbeit koalitionsfähig bleibt.