INTERVIEW
: „Kommissionszweck ist nicht die Enteignung der PDS“

■ Reinhard Krämer (Bündnis 90/Grüne), Mitglied der Parteienkommission, zur Vermögenssituation der PDS

taz: Herr Krämer, das 'Neue Deutschland‘ schrieb gestern ironisch, die Parteienkommission habe endlich auf ihrer 24. Sitzung die Grundlagen ihrer Arbeit beschlossen. Warum hat es so lange gedauert bis Sie die Kriterien für den rechtsstaatlichen Erwerb von Vermögen der ehemaligen DDR-Parteien formuliert haben?

Reinhard Krämer: Ich verstehe die Kritik und den Unmut. Das hätte schneller gehen können. Allerdings muß man berücksichtigen, daß es sich um eine äußerst komplizierte Materie handelt.

Über Differenzen zwischen der Kommission, ihrem Sekretariat und der Treuhand wird seit einiger Zeit bereits spekuliert.

Es gibt einschlägige Presseberichte über interne Reibungsverluste. Ein Teil der Probleme entsteht sicher daher, daß sich das Sekretariat und die Treuhand nicht immer an die Beschlüsse der Kommission halten. Zum Beispiel ist die Kritik der PDS berechtigt, was die Verrechnung von Renten- und Sozialplanzahlungen mit Neuvermögen angeht. Es ist klare Beschlußlage der Kommission, daß solche Zahlungen gerade nicht aus dem Neu- sondern aus dem Altvermögen zu leisten sind.

Und wer hält sich nicht daran?

Diejenigen, die diese Bescheide an die PDS ohne Wissen der Kommission herausgeben und damit die Beschlußlage abändern.

Woher kommen diese Bescheide, von der Treuhand oder vom Sekretariat?

Das kann ich im Moment nicht nachprüfen. Bescheide, die nicht der Beschlußlage entsprechen, müssen zurückgenommen werden.

Nach den Kriterien der Kommission soll jetzt entschieden werden, was der PDS zukünftig zur Verfügung steht. Entscheidender Streitpunkt, der möglicherweise über die ökonomische Zukunft der PDS entscheidet, ist die Frage, ob Altschulden der SED auf dieses Neuvermögen angerechnet werden.

Die Kommission hat die Frage der Saldierung noch gar nicht entschieden. Doch die Tendenz geht eindeutig dahin, alle Altschulden, die vor dem 1. Oktober 1989 begründet wurden, aus dem ungeteilten Altvermögen zu begleichen.

Es gibt aber auch den politisch motivierten Vorschlag, die Altschulden mit dem Neuvermögen zu verrechnen. Da bliebe dann mit Sicherheit nichts übrig.

Mein Vorschlag ist das sicher nicht. Der Kommissionszweck ist nicht die Enteignung der Parteien. Weder die PDS noch andere Parteien wußten, daß am 1. Juli 1990 eine Kommission eingesetzt wird, die über die Rechtmäßigkeit ihres Vermögens entscheidet. Alle Ausgaben, die bis zu diesem Zeitpunkt getätigt wurden, und alle Schulden, die auf den vorangegangenen Zeitraum zurückgehen, sind passiert. Alles was danach kam, ist entweder mit Zustimmung der Kommission passiert oder, wenn es ohne Zustimmung ausgegeben wurde, dann wird das am Ende auf das Neuvermögen angerechnet werden. Bis 1.1.92 muß sich die PDS dann aus Beiträgen und Spenden und Wahlkampfkostenrückerstattung finanzieren.

Das hört sich ja ganz gut an. Ist die Panik der PDS vor dem drohenden Konkurs also unbegründet?

Ab 1.1.92 werden die Einnahmen der PDS nicht mehr angetastet. Ein Problem für die PDS entsteht allerdings daraus, daß sie nie eine Kontentrennung für Neu- und Altvermögen durchgeführt hat. Es kann also sein, daß die PDS laufende Ausgaben seit dem 1.6.90 aus Altvermögen bestritten hat. Die werden am Ende natürlich auf ihr Neuvermögen angerechnet. Was dann übrig bleibt, läßt sich jetzt noch nicht überblicken.

Was bedeuten die beschlossenen Grundsätze für FDP und CDU?

Bei der CDU wird überprüft, ob das Barvermögen der Ost-CDU, das bis zum 3. Oktober 1990 restlos aufgebraucht war, für Altverbindlichkeiten oder für den laufenden Geschäftsbetrieb, möglicherweise sogar im Westen, ausgegeben wurde. Das müßte dann zurückgezahlt werden müssen. Bei der FDP gilt das gleiche für das Barvermögen. Die FDP will anders als die Union für einige Immobilien auch noch den Nachweis des materiell rechtsstaatlichen Erwerbs führen. Interview: Matthias Geis