Der Bundesadler konnte nicht mehr aufgehangen werden

■ Nur eine Bauruine ist geblieben von den geplanten Empfängen des »Leiters der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der DDR«

Berlin. Der Frankfurter Architekt Christoph Mäckler ist sauer. Da hat er nun jahrelang geplant und entworfen, sich mit Behörden und Bauarbeitern herumgeärgert, und nun? Die Mauer fiel, die Wiedervereinigung kam, und der »Leiter der ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der Deutschen Demokratischen Republik« packte seine Koffer. Zurück blieb ein halbfertiges Gebäude in Niederschönhausen, darin sollten dereinst einmal die Herren Bräutigam und Bertele und ihre Nachfolger samt Anhang residieren. Vorbei. Das zukünftige Dienstwohngebäude des »Leiters der ständigen usw....« ist Vergangenheit, keine Empfänge wird es dort geben, kein Vorfahren schwarzer Limousinen, keine vertraulichen Gespräche am Kaminfeuer, nichts von alledem. Einzig eine Bauruine erinnert noch daran, und die ist, mit Verlaub, abgrundtief häßlich. Deswegen ist Christoph Mäckler auch so sauer. Schließlich ist sie sein Werk, er hat es geplant und gebaut. Keine normale Botschaft sollte es werden, nicht so ein post-modernes Ding, wie sie überall herumstehen. Nein, genau so nicht. Mit einem mehr als eigenwilligen Entwurf setzte sich Mäckler im Herbst 1985 gegen zehn weitere bundesdeutsche Konkurrenten durch, die am Architektenwettbewerb zum Neubau der Residenz teilgenommen hatten. In der Kastanienallee 107 in Niederschönhausen steht nun der — begonnene — Versuch, die Teilung Deutschlands architektonisch sichtbar zu machen. Es ist ein rund 50 Meter langes, mit roten Klinkern verkleidetes zweigeschossiges Gebäude. Durch das Obergeschoß geht im rechten Winkel zur Längsachse des Hauses ein brückenähnliches Gebilde aus Beton. Eine »unmißverständliche Symbolik« nannte das die deutsche Bauzeitung, der Brückenkörper »spiele auf die Mauer an« und »wecke den Gedanken an den Austausch und Gespräche von hüben nach drüben.« Und um es ganz deutlich zu machen sollten nach dem Willen des Architekten am Ende der Brücke Castor und Pollux stehen, die zwei Brüder aus der griechischen Mythologie, die nicht zueinander finden konnten. Doch was den Griechen nicht gelang, schafften die Deutschen — oder versuchten es zumindest. Nicht mehr geschafft aber haben sie es, die Residenz des westdeutschen Botschafters fertigzustellen. Der Rohbau steht, im Juni vergangenen Jahres war Richtfest. An der Außenmauer ist sogar schon die Stelle zu sehen, an der einmal das Schild mit dem Bundesadler hätte hängen sollen. Das war‘s dann aber auch, anschließend wurde das Gebäude eingemottet und winterfest gemacht. Die Fenster und die große, durchbrochene Vorderfront sind zugemauert, das Dach ist notdürftig befestigt, das Gelände mit Gras überwuchert. »Katastrophal sieht es aus«, sagt der Architekt, »von der Qualität des Hauses ist nichts mehr zu sehen.« »Das Ganze wird verlottern«, befürchtet Mäckler, und eine Lösung ist nicht abzusehen. Die Residenz, ehemals dem Bundeskanzleramt zugehörig, wurde nun als Liegenschaft des Bundes an das Bonner Finanzministerium abgegeben. Das sucht nun einen Käufer, schließlich sollen die bislang verbauten drei Millionen Mark nicht umsonst gewesen sein. Anfragen gebe es bereits, meint ein Sprecher des Ministeriums, verschiedene ausländische Vertretungen hätten schon Interesse angemeldet. Der Bund selbst will von seinem Repräsentationsbau nichts mehr wissen, die Hauptstadtplaner haben Niederschönhausen wohl noch nicht entdeckt. Und das tut dem Architekten weh. »Wegen der Symbolik sollte das Gebäude in BRD-Hand bleiben«, meint er und hat deshalb auch schon alle Minister angeschrieben. Deren Antwortbriefe waren »nichtssagend«, auch Diepgen bekundete »kein Interesse«. Nun hat Mäckler auch keine Lust mehr, zumal der Bund den Vertrag mit ihm lösen will. Die dadurch entstehenden Verluste seien nicht nur finanzieller Art, sagt er, ein Architekt werbe ja vor allem mit seinen Bauten. Die Wiedervereinigung, die ihm schließlich einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht hatte, mag allerdings auch Christoph Mäckler nicht mehr missen: »Die hat für mich einen hohen ideellen Wert. Dagegen bin ich nicht.« Theo Weisenburger