Was Ton, Stimme, Ohr!

■ „Die Lichtenberger“ oder: Der Mensch als Klangkörper für Unerhörtes

Was ist das Ohr? Ein Loch im Kopf, in das der Schall der Stimme eindringen kann? Sicher nicht. Ein kompliziertes Organ, das Geräusche aufnimmt? Auch nicht. Das Ohr ist, so haben Forschungen in den letzten Jahrzehnten ergeben, ein höchst komplizierter biologischer Mechanismus, das in keiner Weise mit einem Mokrophon vergleichbar ist. Im Gegenteil: Die formende und aktive Rolle des Ohres ist so stark, daß es eher mit dem „Verstärker“ zu fassen ist; eigene Leistung, die ankommende Schallwellen sortiert, selektiert, verformt, ist entscheidend.

Den Mechanismus des Ohres zu verstehen, das ist die Botschaft der „Lichtenberger“ Schule des Stimmtrainings, ist eine Voraussetzung für's Singenlernen. Im Rahmen des Kontorhaus-Projektes „Die Stimme“ stellte Martin Landzettel die „Lichtenberger“ in den vergangenen Tagen Interessierten vor. Denn sowenig Ohr Ohr ist, so wenig ist Ton Ton. Zusammen mit den Obertönen ist es — kaum hörbar für das ungeschulte Ohr - ein Klangspektrum: Die Lichtenberger arbeiten mit einem Oberton-Frequenzspektrum bei 3.000 Hertz.

Eine kleine Vorführung des Referenten im Kontorhaus demonstrierte: Einmal durch ein klingendes Glöckchen auf diese Tonhöhe sensibilisiert, kann man sie auch in üblichen Gesangstönen entdecken. Singen lernen heißt, diesen „Sängerformant“ hören lernen, das Ohr muß die Stimme „führen“, ist die Botschaft der Lichtenberger, die Stimme muß nur „reagieren“ auf das Ohr.

In der Biologie suchen die Lichtenberger Plausibilität für ihre Theorie. Insbesondere die Bereiche der Eigenschwingung verschiedener Teile der Hör-Apparates lägen in den Sängerformant-Bereichen, berichtet Landzettel. Als „Diaphragmenkette“ bezeichnen sie verschiedene Körperpartien, deren Stellung und Entspannung sich auf die Stimme auswirkt. Körperarbeit und Klang ist das Paar, auf dessen Wechselwirkung sich die Licht- Hoffnungen richten. K.W.