BIMBOPHILIE UND MULTIPLE KULTURITIS Von Mathias Bröckers

Neuerdings vergeht kaum ein Fernsehabend ohne irgendeine Brennpunkt- Diskussion zum Thema Ausländer — ganz Deutschland, so hat man den Eindruck, sitzt auf dem Sofa und streichelt seinen Bimbo. So richtig und wichtig derlei mediales „Come Together“ sein mag, die Ansicht der Blaßgesichter, die sich da benefizmäßig zum Neger machen („Ich bin ein Ausländer!“), kann einen regelrecht zur Apartheid treiben. Vor allem wenn die allgemeine Bimbophilie letztlich in Parolen wie „Alle sind Ausländer — oder fahren Sie etwa nie in Urlaub“ mündet — als ob es beim sog. „Ausländerproblem“ um Fragen des Tourismus ginge. Und doch birgt dieser Spruch in seiner kaum zu überbietenden Dämlichkeit einen richtigen Impuls: Er macht deutlich, daß es im Kern nicht um den Gegensatz Deutsche und Ausländer geht, sondern um den Gegensatz Arm und Reich. Es sind keine Touristen mit American Express Card, die von den Skins gejagt werden, es sind arme Schlucker — von Asylgesetzen und Zuwanderungsquoten sind weder der Emir von Kuwait noch Imelda Marcos betroffen — wer in USA mindestens 1 Million Dollar investiert, kriegt sofort eine „Green Card“ auf Lebenszeit. Der schmale Rest wird dann unter Millionen Habenichtsen verlost. In gewisser Weise hat diese Prozedur etwas Ehrliches: Jährlich wird entschieden, wie viele Mitesser am großen Fleischtopf des weißen Mannes zugelassen werden, jeder arme Schlucker kriegt die Chance, das große Los zu ziehen. Was also ansteht, ist nicht die Fortsetzung einer in multiple Kulturitis ausartenden Propaganda, sondern die Hinwendung zur Ökonomie: Die christliche Bundesrepublik und die Festung Europa müssen sich fragen, wie viele Habenichtse sie hinfort aufzunehmen bereit sind. Dabei geht es nicht um ihre Rasse und Kultur, sondern nur um ihren Kontostand — mit Geld ist jeder Ausländer nicht nur fast, sondern tatsächlich überall auf der Welt willkommen. Es geht um diejenigen ohne... Vergißt er diesen Zusatz, wird der multikulturelle Propagandarummel, bei dem jeder prügelnde Skin mittlerweile fast soviel Medienaufmerksamkeit verzeichnet wie die Geiselgangster von Gladbeck, leicht zur Mogelpackung: Weil sich mit Pizza, Döner und Folklore scheinbar leichter argumentieren läßt, wird die Frage der Moral — wieviel der verfressene weiße Mann auf der Butterseite des Planeten dem Rest der Menschheit schuldet — elegant umschifft. Ganz im Sinne der Regierung, die das Feuerchen zu Wahlkampfzwecken schürte und jetzt natürlich ein Interesse hat, endlos über Selbstverständlichkeiten wie die Gleichheit der Rassen in ihrer Differenz zu faseln. Auf daß nur ja niemand auf die Idee kommen kann, statt dessen über die Kasse zu diskutieren — und die Herrschaften in Politik und Industrie auf ein Budget verweist, aus dessen Pfründen das „Ausländerproblem“ augenblicklich in Luft aufgelöst werden könnte. Die Rede ist vom Militäretat. Der Iwan droht nicht mehr, er kommt — in friedlicher Absicht. Wer da nicht schießen will, muß zahlen.