Eine „Zwangsehe“ stiftet Unfrieden

■ Der Aufkauf der Hoesch-Aktien durch den Krupp-Chef Cromme führt zum innergewerkschaftlichen Konflikt/ Aus Weggefährten werden Kontrahenten

Seit zwei Monaten ist der „Cromme-Coup“ bekannt. Inzwischen hat sich der öffentliche Wirbel um den geheimen Aufkauf großer Teile der Hoesch-Aktien durch den Krupp-Chef Gerhard Cromme zwar gelegt, aber unter der Oberfläche gärt es kräftig. Ziemlich hilflos präsentiert sich dabei die IG Metall. In Dortmund laufen die Gewerkschafter bei Hoesch nach wie vor Sturm gegen die Fusion, während ein paar Kilometer weiter westlich, in Bochum, Essen und Duisburg, die „Kruppianer“ einen Zusammenschluß beider Konzerne eher begrüßen. Das Wort von der „feindlichen Übernahme“, das Siegfried Bleicher, Bundesvorstandsmitglied der IG Metall und im Hoesch-Aufsichtsrat sitzend, geprägt hat, kommt den Kruppianern jedenfalls nicht über die Lippen. Als kürzlich die SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag einen Antrag einbringen wollte, in dem explizit davon die Rede war, daß „der Landtag erwartet, daß die Flüssigphase, die Warmbreitbandstraße und das Kaltwalzwerk bei Hoesch erhalten bleiben“, hagelte es Proteste der Krupp-Betriebsräte aus Bochum — mit Erfolg. Die SPD-Landtagsfraktion zog ihren Antrag zurück. Der bis dahin mühsam unter der Decke gehaltene innergewerkschaftliche Konflikt lag plötzlich offen.

Die taz hat in dieser Situation zwei Kontrahenten zum Streitgespräch gebeten, die sich ansonsten politisch sehr nahe stehen. Hans-Otto Wolf, Betriebsratsvorsitzender im Dortmunder Hoesch-Werk Phoenix, lehnt die Fusion nach wie vor ab. Theo Steegmann, zweiter Betriebsratsvorsitzender der Krupp-Stahlhütte in Rheinhausen und gleichzeitig als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Krupp-Obergesellschaft sitzend, hält den von den Hoesch-Kollegen propagierten Alleingang für unverantwortlich. Die beiden Gesprächspartner kennen sich seit langem. Steegmann, einst einer der entscheidenden Köpfe des Rheinhausener Arbeitskampfes, argumentiert gegen den Dortmunder Wolf, der zu den Hochzeiten des Rheinhausener Arbeitskampfes die Solidaritätsaktionen in Dortmund mitorganisierte. Walter Jakobs