Zaires Diktator ernennt neuen Premierminister

 ■ Von Bettina Gaus

Nairobi (taz) — Auf dem Tisch im edel ausgestatteten Büro von Nguza Karl-I-Bond liegt schwere Literatur: Plato, Aristoteles, in Leder gebunden. Beim näheren Hinsehen lassen sich die Bände aufklappen — die Philosophie wandelt sich zur Zigarrendose.

Manches ist nicht so, wie es scheint, beim neuen Premierminister von Zaire, am Montag von Präsident Mobutu Sese Seko gegen den Willen der Opposition ernannt. Erst im Oktober hatte er behauptet, keineswegs Regierungschef werden zu wollen, und seine Unterstützung für den damaligen von der Opposition gestellten Premier Etienne Tshisekedi beteuert: „Wenn er keinen Erfolg hat, ist das unser aller Niederlage. Wir werden alles tun, um ihm zu helfen“, sagte er damals gegenüber der taz. „Mobutu ist ein Diktator. Er will die Opposition spalten, aber das ist das Letzte, was passieren wird.“

Nicht die erste erstaunliche Wandlung im Leben des Politikers

Nun jedoch hat Mobutu die Opposition tatsächlich gespalten — und einmal mehr bewiesen, daß er das Spiel mit der Macht besser beherrscht als seine Gegner. Das Oppositionsbündnis „Heilige Union“ hatte immer an Etienne Tshisekedi als Premierminister Zaires festgehalten, auch nachdem Mobutu ihn Mitte Oktober durch seinen eigenen Mann, Mungul Diaka, ersetzte. Der Haltung Nguzas war dabei eine Schlüsselrolle zugefallen: Der Mann, dessen Partei „Union der Föderalisten und unabhängigen Republikaner“ (UFERI) ihre Basis in der wichtigen Südprovinz Shaba hat, ließ mehrfach Distanz zu Tshisekedis „Union für Demokratie und sozialen Fortschritt“ (UDPS) erkennen. Aber erst in der letzten Woche wurde aus der Distanz offene Kritik. „Diktatorisches Verhalten“ warf Nguza Tshisekedi vor — und bot sich überraschend selber als Premierminister an.

Es ist nicht die erste erstaunliche Wandlung im Leben des Politikers. Als Minister unter Mobutu, später wegen Hochverrats zu Tode verurteilt, dann zu Gefängnis begnadigt, erneut Minister und schließlich ein Führer der Opposition — stets war Nguza für Überraschung gut. Auf den jüngsten Kurswechsel reagierte die „Heilige Union“ scharf: Sie schloß Nguza und seine Partei aus dem Oppositionsbündnis aus.

Für kurze Zeit sah es so aus, als habe sich der wendige Nguza ausmanövriert. Am vergangenen Freitag einigte sich Mobutu mit der Opposition auf ein Abkommen, demzufolge die Nationalkonferenz, eine Zusammenkunft von Parteien und gesellschaftlichen Gruppen, ihre Arbeit sofort wieder aufnimmt und eine neue Verfassung ausarbeitet. Mit der Ernennung Nguzas zum Regierungschef scheint aber die Vereinbarung reif für den Papierkorb zu sein. Omar N'Kama, Sprecher der UDPS in Brüssel, rief zu Demonstrationen in Kinshasa auf und erklärte der taz, Nguza habe sich von Mobutu korrumpieren lassen. „Ich sehe nicht, wie wir mit ihm zusammenarbeiten können. Wir werden ihn bekämpfen.“