: „Wer nicht protestiert, erfüllt seine Pflicht nicht“
■ Der portugiesische Schriftsteller Jorge Amado zur Lage Salman Rushdies
Die Lage von Salman Rushdie erscheint mir absurd; unglaublich, daß Ende des 20. Jahrhunderts ein Schriftsteller in einem Versteck eingeschlossen wurde, zum Tode verurteilt von einer Sekte mit der Unterstützung einer Regierung, die religiöse Diskriminierung ausübt. Ich denke, die Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler der internationalen Gemeinschaft haben nicht in dem Maß Protest geübt, wie es eine solche Situation verlangt. Kein Schriftsteller kann gleichgültig sein angesichts dieser maßlosen Aggressivität gegen das Recht auf Kreativität, das Recht auf Gedanken- und Meinungsfreiheit.
Wer nicht protestiert, nicht fordert, daß die Todesdrohung, die über Salman Rushdie schwebt, zurückgenommen wird, erfüllt seine elementarste Pflicht nicht. Das ist meine Meinung, und ich nutze die Rednerbühne des PEN-Clubs, um zum wiederholten Mal meinen Protest zu formulieren und um die Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler aufzurufen, ihre Empörung und Mißbilligung angesichts eines solch ungeheuerlichen Terrors zum Ausdruck zu bringen.
Wien, November 1991. Amado trug diese Erklärung im Rahmen des internationalen Kongresses des PEN- Clubs vor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen