Das Christkind und der Ameisenbär

■ Krippenausstellung zeigt „Krippen der Völker“/

Aus Tansania in die Hemelinger Kirche

In Paraguay kommen nicht nur Ochs' und Esel zur Geburt Jesu, sondern auch Gürteltiere, Ameisenbären und sonstiges landestypisches Getier. Diese Vorstellung spiegelt sich zumindest in einer Krippe aus Paraguay wider, die seit xxxxxxxxx wie etwa 100 weitere Krippen aus aller Welt in der Ev.lutherischen Kirche in Hemelingen zu sehen ist.

In einer Krippe aus der Lüneburger Heide stehen Heidschnucken vor der Stalltür, in der aus Afrika ist das Jesuskind schwarz, und in der italienischen Krippe hat es den Anschein, als ob das ganze Dorf charakteristisch dargestellt wurde. „Das ist das Interessante: Hier kann man sehen, wie die Weihnachtsbotschaft von den verschiedenen Völkern ausgedrückt wird“, erklärt Elisabeth Scheffler, Frau eines Pfarrers und seit zehn Jahren leidenschaftliche Krippensammlerin. Über 100 Krippen sind in ihren Besitz gelangt, die Einzelstücke sind fast nicht zu zählen. „Es gibt Krippen mit 365 Figuren — für jeden Tag eine“, erzählt sie. Allein für den Aufbau der Ausstellung braucht sie, zusammen mit zwei Helferinnen, eine ganze Woche.

Aus Ton getöpfert, aus Holz geschnitzt, in Bronze gegossen, aus Glas geblasen, in Steine gemeißelt oder aus Mais und Stroh geformt sind die Darstellungen von Jesu Geburt. „In jedem Land wird halt das Material genommen, das dort am üblichsten ist.“

Das kleinste Exponat: Ein daumennagelgroßer, weißer, eiför

miger Stein, in den die Figuren wie in eine Höhle eingemeißelt sind. Einen solchen Stein, einen „piedra de huamanga“, durfte früher nur der Medizinmann für kultische Zwecke verwenden. Jetzt wird mit dem heilenden Stein das Kommen des „Heiland“ dargestellt. Angesichts der Größe einfach unvorstellbar: An den winzigen Figürchen ist bei genauem Hinsehen sogar ein Heiligenschein erkennbar.

Die größte Darstellung kommt dagegen aus Tansania. Aus einem etwa eineinhalb Meter langen, schwarzen Ebenholz-Stamm sind die Figuren gemeißelt — alles aus einem Stück, nur das Christkind liegt gesondert darin.

„Ich möchte einfach mehr 'Glauben zum Anfassen' haben“, meint die Pastorenfrau, „es läuft ja fast alles über den Kopf. Allerdings bin ich manchmal auf die Katholiken fast ein bißchen neidisch: Die haben immer viel anschaulichere Sachen...“ Mit den Krippen gibt es ihrer Meinung nach mal die 'frohe Botschaft' zum Be-greifen.

Ihre Krippen sind zwar fast durchweg keine alten Sammlerstücke, sondern stammen aus unserer Zeit, doch ist jede für sich schon deshalb etwas Besonderes, da sie alle handgefertigt sind. „Und so sollte es ja wohl sein: Wenn jemand eine Krippe formt, dann geht doch etwas in ihm vor. Diese Karstadt-Krippen — fürchterlich!“ Da redet die Sammlerin aus Erfahrung: Schon als Dreizehnjährige hat sie ihre ersten

Krippenfiguren geschnitzt. „Da war für mich klar: Nach einer Geburt kann eine Frau unmöglich so anbetend daknien, wie sie meistens dargestellt wird. Also habe ich eine liegende Maria gemacht.“

Zu fast allen Krippen kann Elisabeth Scheffler eine Geschichte erzählen: Da gibt es die heilige Familien, die aus den Blättern einer Heilpflanze oder aus „palo santo“ (=heiliges Holz) gearbeitet sind. Da gibt es rasselnde indianische Figuren, die aus Kalebassen, den als Trommeln verwendeten Schalen einer Frucht, geschnitzt sind. Oder aufklappbare Bambusrohre mit winzigen Figuren darin, die wie 'Weihnachten im Hochhaus' aussehen. Oder Darstellungen, die in Eier und Mohnkapseln verfrachtet wurden. Oder winzige Andachtskästen aus Peru, „um den Gottesdienst in der Hosentasche mitnehmen zu können“, schmunzelt Scheffler. Oder...

Susanne Kaiser

“Krippen der Völker“: Bis zum 15. Dezember in der Ev. lutherischen Kirche in Hemelingen, Westerholzstraße. Geöffnet täglich von 15-18 Uhr