Biedermänner als Brandstifter

Internationaler Waffenhandel und warum die Regierungen ihn unterstützen  ■ Von Frank Barnaby

Durch den Golfkrieg sind wieder einmal Politik und Moral des Waffenhandels ins Gerede gekommen. Schließlich kaufte Saddam Hussein alle konventionellen Waffen, mit denen er Krieg gegen den Iran und Kuwait führte, auf dem freien Markt, und über vierzig Länder verkauften während des ersten Kriegs am Golf Waffen an den Irak und den Iran, manche an beide Seiten gleichzeitig. Ohne den Waffenhandel hätte der Irak Saddam Husseins nicht zu einer bedeutenden Militärmacht werden können.

Der Waffenhandel stützt und verstärkt auch das regionale Wettrüsten. Die Frage, ob die Eskalation des Rüstungsexports Kriege direkt und unmittelbar auslöst, ist umstritten. Sicher jedoch ist, daß die durch den Waffenhandel aufgestockten Bestände neuester Rüstungstechnologie einen Konflikt enorm eskalieren läßt. Nahezu alle zweihundert Kriege, die es seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gegeben hat, sind mit Waffen geführt worden, die aus der Produktion der industrialisierten Länder stammen. In diesen Kriegen sind über zwanzig Millionen Menschen getötet worden.

Selbst Länder, deren notorisch brutale und kontinuierliche Menschenrechtsverletzungen allgemein bekannt sind, haben nicht die geringsten Schwierigkeiten, sich im Ausland mit Waffen zu versorgen, einschließlich derer, mit denen ihre eigene protestierende Bevölkerung in Schach gehalten wird. Es ist nicht verwunderlich, daß Regierungen jegliche Information über ihre Rüstungsexporte geheimzuhalten versuchen. Schließlich werden unter Umständen selbst die eigenen Streitkräfte durch eben jene Waffen in Schwierigkeiten gebracht. Beispielsweise exportierte Großbritannien vor dem Falklandkrieg große Mengen militärischer Ausrüstung nach Argentinien, so daß viele britische Soldaten im Verlauf des Kriegs von britischen Waffen getötet wurden. Auch im Golfkrieg fielen Soldaten der westlichen Koalitionsarmeen Waffen zum Opfer, die von dem einen oder anderen Land der Koalition geliefert wurden.

Was also soll man von den neuesten Vorschlägen des britischen Premierministers John Major halten, die Vereinten Nationen sollten ein Register des Waffenhandels führen, damit dieser Handel einer größeren „Transparenz“ unterliege? Sicherlich wäre die Aufstellung eines solchen Registers eine sinnvolle, vertrauensbildende Maßnahme. Aber ist Majors Vorschlag tatsächlich ernst gemeint? Bedenkt man, wie aktiv gerade die britische Regierung im Waffenhandel ist, so fällt es schwer, nicht skeptisch zu sein.

Die Kunden und ihre Lieferanten

Von den etwa zwei Billionen Mark, die alljährlich auf der Welt für Armeen aufgewendet werden, sind 500 Milliarden unmittelbar für Rüstungskäufe ausgewiesen. Nach dem Geschäft mit dem Öl, das grob geschätzt einen Umsatz von 860 Milliarden aufweist, ist das Geschäft mit Rüstungsproduktion und -handel das weltweit zweitgrößte. Aus der gesamten Rüstungsproduktion der Welt gelangt militärisches Gerät im Wert von 120 Milliarden auf den Weltmarkt. Die größten Waffenhändler sind dabei die UdSSR und die USA; zusammen bringen sie 70 Prozent des gesamten Exportvolumens mit großem Gerät auf, also mit Panzerfahrzeugen, Raketen, Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen. Der Anteil der UdSSR am globalen Waffenhandel betrug in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre 38 Prozent, der der USA 31 Prozent.

In der Klasse der zweitgrößten Waffenhändler befinden sich Frankreich mit 9 Prozent, Großbritannien und China mit jeweils 4 Prozent und die Bundesrepublik mit 3 Prozent. Zusammen betrieben die genannten Länder in der zweiten Hälfte des letzten Jahrzehnts 90 Prozent des gesamten Rüstungsgeschäftes.

Nach Angaben des Internationalen Friedensforschungsinstituts von Stockholm (SIPRI) hat es in den letzten Jahren Änderungen im Muster der Waffenexporte gegeben, das heißt die industrialisierten Nationen wurden ebenfalls zu wichtigen Einfuhrländern für Kriegsgerät. Als solche erhöhten sie ihren Anteil am gesamten Importvolumen von 33 Prozent im Jahr 1987 auf 50 Prozent 1989. Dieser Trend ergibt sich vor allem durch erhöhte Importe nach Japan und, trotz des Endes des Kalten Krieges, auch in die Nato-Länder.

Die Länder der Dritten Welt kaufen heute weniger. Die Schuldenkrise, Einnahmeverluste im Ölgeschäft, das Ende von Kriegen und Bürgerkriegen, wie beispielsweise in Angola, und nicht zuletzt die Expansion heimischer Rüstungsindustrien in einigen dieser Länder hat ihre Kaufkraft geschmälert.

Der größte Lieferant von Großgerät in die Dritte Welt war zwischen 1985 und 1990 die UdSSR mit 44 Prozent der Gesamtverkäufe. Anteile von 20 Prozent der Verkäufe in diese Länder hielten die USA, 11 Prozent Frankreich, 6 Prozent China und etwa 5 Prozent Großbritannien. Wichtige Lieferanten waren auch die Bundesrepublik, Italien, die Niederlande, Brasilien und Israel; sie lieferten zusammen weitere 7 Prozent in die Länder der Dritten Welt. Die „Top Ten“ waren also für insgesamt 93 Prozent der Gesamtverkäufe verantwortlich.

Die zehn größten Lieferanten in die industrialisierten Länder waren im selben Zeitraum folgende Länder: die USA (47 Prozent), die UdSSR (30), Frankreich (5), die Bundesrepublik Deutschland (5), Großbritannien (3), die Tschechoslowakei (3), Schweden (1,5), Kanada (1,5), Polen (0,7) und Italien (0,6 Prozent), die damit über 90 Prozent aller Verkäufe stellten.

Relativ wenige Länder machen bereits den größten Anteil an den Gesamteinfuhren aus, nämlich 56 Prozent. Von den Ländern der industrialisierten Welt waren die folgenden die größten zehn Einfuhrländer zwischen 1985 und 1990: Japan mit 16 Prozent, die Tschechoslowakei und Spanien mit jeweils 8, die Türkei und Polen mit jeweils 7, Kanada und Griechenland mit jeweils 5 Prozent. Sieben weitere Länder — die Bundesrepublik, Australien, die Niederlande, die UdSSR, Bulgarien, Ungarn und Jugoslawien — erreichen mit ihren Waffenimporten insgesamt 25 Prozent der Gesamteinfuhren.

Von den Ländern der Dritten Welt stellen die folgenden zusammen bereits 56 Prozent der Gesamteinfuhren in diese Region: Indien mit 16 Prozent, der Irak mit 11, Saudi-Arabien mit 8, Syrien mit 6, Ägypten und Nordkorea mit jeweils 5 und Afghanistan mit 4 Prozent. Angola, Libyen, Taiwan, der Iran, Pakistan, Südkorea und Israel stellten mit ihren Einfuhren weitere 20 Prozent der Gesamteinfuhr von Waffen in die Dritte Welt während des genannten Zeitraums; jedes dieser Länder importierte dabei etwa gleichviel.

Innerhalb der Dritten Welt sind es die Länder des Mittleren Ostens, die sich am aktivsten an der Einfuhr von Waffen beteiligen. Von 1985 bis 1990 gelangten 41 Prozent des in die Dritte Welt importierten Großgerätes dorthin. Weitere 24 Prozent gingen in den südasiatischen Raum, 16 Prozent in den Fernen Osten, 11 nach Afrika und 8 Prozent in die lateinamerikanischen Länder. Man rechnet damit, daß die Länder sowohl des indischen Subkontinents als auch Südostasiens ihren Anteil in den nächsten Jahren vergrößern werden.

Für den Verkauf von Waffen gibt es viele Motive. Für die beiden Hauptexporteure USA und UdSSR geht es hauptsächlich um die Stär-

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kung ihres politischen und wirschaftlichen Einflusses in Regionen der Dritten Welt oder um militärische Stützpunkte im Ausland. Die kleineren Exportländer verweisen darauf, daß Rüstungsverkäufe ihrer Wirtschaft helfen, besonders in Zeiten der Rezession. Des weiteren können Großmächte nur dann angemessene Mengen von Großwaffen in ihre eigenen Bestände aufnehmen, wenn sie durch Großproduktion ihrer Modelle die Kosten senken können. Sie reduzieren also die Kosten für ihre eigene Armee durch Verkäufe im Ausland.

Gründe für Verkauf und Kauf

Daher ist die Aufrechterhaltung und Ausweitung der Rüstungsverkäufe Schlüsselpolitik der Regierungen in den Ländern der Großproduzenten und -exporteure.

Der Zwang zum Export wird sich mit der jeweiligen Senkung des Militärhaushalts in den USA, der UdSSR sowie in Ost- und Westeuropa durch das Ende des Kalten Kriegs noch verstärken. Die Rüstungsindustrien werden zunehmend auf den Export angewiesen sein, da die Einkäufe durch die heimischen Regierungen abnehmen und zum Überleben dieser Industrien nicht mehr ausreichen. Im übrigen werden diese Unternehmen immer darauf aus sein, die enorm hohen Kosten der Forschung und Entwicklung wieder hereinzukriegen, die mit der Neuschöpfung und dem Bau neuester Rüstungsgüter verbunden sind.

Aus all diesen Gründen üben die kommerziellen Unternehmen auf ihre Regierungen enormen Druck aus, um an Exportlizenzen für ihre Waren zu kommen. Viele Regierungen sind nur allzu bereit, sich dem zu beugen und stellen ihren Beamtenapparat zur Verfügung, um die explosive Ware außer Landes zu bringen. Beispielsweise benutzt die britische Regierung die „Defence Exports Services Organisation“ im Verteidigungsministerium dazu, den britischen Waffenexport ins Ausland energisch zu fördern; in Frankreich hat der Direktor für Innere Angelegenheiten im Verteidigungsministerium die gleiche Aufgabe.

Der völlige Fehlschlag früherer Versuche, den internationalen Waffenhandel zu kontrollieren — man denke dabei nur an das von dem damaligen Präsidenten Carter im Mai 1977 verkündete Programm der „Zurückhaltung“ und die sowjetisch-amerikanischen Gespräche über den „Transfer“ konventioneller Waffen Ende der siebziger Jahre —, demonstriert die Macht und Effektivität der interessierten Parteien, sowohl auf unternehmerischer als auch auf Regierungsseite; sie zeigen deutlich, daß die industrialisierten Länder daran interessiert sind, den Waffenhandel nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern sogar zu expandieren. Jeder neue Versuch, den Waffentransfer, besonders den in die Region des Mittleren Ostens, zu begrenzen, muß mit ähnlichen Hindernissen rechnen. Die einzig mögliche effektive Kontrolle des Waffenhandels wäre ein internationaler Vertrag, den sämtliche Großexporteure unterschreiben müßten.

Im Falle des Mittleren Ostens wird die Sache dadurch kompliziert, daß sich dort große Ölvorkommen befinden und die Großmächte daher daran interessiert sind, ihren politischen Einfluß zu erhalten und auszuweiten. Seine Freunde mit Waffen zu versorgen wird immer noch als ein Weg angesehen, der dieses außenpolitische Ziel verfolgt. Ähnliche Motive, die mit dem Zugang zu natürlichen Ressourcen zu tun haben, gibt es auch bei Waffenverkäufen in andere Drittweltregionen.

Die Gründe für den Kauf von Waffen sind nicht weniger vielfältig. In manchen Ländern dienen wirkliche oder eingebildete Sicherheitsbedürfnisse als Kaufgrund; Waffen werden nach wie vor als Hilfe in internen oder externen Konflikten angesehen, da am Ende die Anwendung militärischer Mittel zur Lösung des Konflikts stehen könnte. Der Teufelskreis, der durch den Kauf neuester Rüstungsgüter durch nur ein Land in Gang gesetzt wird, wird deutlich, wenn man sich klarmacht, daß dann auch das Nachbarland, das sich durch diese Käufe bedroht fühlt, ähnliche Waffen wird haben wollen: der Ursprung des Rüstungswettlaufs.

Besonders die Militärregierungen einiger Drittweltländer sind gute Kunden für die überall angebotene Ware. Deren Militärführung wird gewöhnlich die neuesten Waffensysteme haben wollen, da diese ihnen ein hohes Prestige verschaffen. Wieder andere Regierungen in der Dritten Welt brauchen die Unterstützung ihrer Armeen derart dringend, daß sie deren Forderungen nach neuesten Waffentechnologien in den seltensten Fällen abzuschlagen bereit sind. Und eine dritte Kategeorie von Ländern — wie etwa Israel — haben ein so unumstößliches Vertrauen in die Überlegenheit der Technik, einschließlich der Militärtechnik, gewonnen, daß sie sich nur sicher fühlen, wenn sich die allerneuesten Waffen in ihrem Besitz befinden.

Durch die Erfahrung des Golfkriegs hat sich diese Auffassung noch verstärkt. Die systematische Zerstörung des Irak durch High- Tech-Waffen und die irakische Unfähigkeit, dem etwas entgegenzusetzen, hat wenigen Menschen Zweifel an der überwältigenden Überlegenheit der Militärtechnik der industrialisierten Mächte gelassen. Der Krieg hat für alle sichtbar gezeigt, daß die in letzter Zeit erlangten Fortschritte in der Rüstungstechnik den Armeen des Westens außerordentliche Möglichkeiten eröffnet haben, an denen beteiligt zu werden die anderen Länder ängstlich bemüht sind.

Heimische Waffenproduktion

Die Dynamik des Waffenhandels ist zusätzlich verkompliziert worden durch die ständig steigende Zahl von waffenproduzierenden Ländern. Heimische Waffenproduktion scheint um so notwendiger, als die Tendenz der Großlieferanten gestiegen ist, den Zugang zu Rüstungsgütern aus politischen, militärischen und ökonomischen Gründen zu manipulieren. Länder wie Südafrika und Taiwan hatten beträchtliche Schwierigkeiten, sich mit Waffen zu versorgen, und begannen daher ihre eigene Produktion. Andere Länder wiederum scheuen die Abhängigkeit, so wie Israel, obgleich sie verläßliche Lieferanten haben.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs besaßen lediglich fünf Länder — Kanada, Schweden, die UdSSR, die USA und Großbritannien — die Fähigkeit zur Entwicklung und Produktion von militärischem Großgerät. Heute sind es 50, viele davon in der Dritten Welt. Die Kapazitäten von einigen dieser Drittweltländer reichen aus, um Rüstungsgüter zu exportieren. Führend sind dabei Argentinien, Brasilien, Indien, Israel und Südafrika.

Die größten waffenproduzierenden Länder der Dritten Welt sind Indien, Israel, Südafrika, Taiwan, Nordkorea, Südkorea und Argentinien, deren Gesamtproduktion etwa 90 Prozent aller in der Dritten Welt hergestellten Waffen ausmacht. Weitere 18 Länder der Dritten Welt produzieren einige Typen von Großgerät.

Während die acht größten Waffenproduzenten der industrialisierten Welt nahezu 600 Großgerätetypen herstellen — etwa 230 Flugzeugtypen, 70 Panzertypen, 150 Raketenarten und 150 verschiedene Typen von Kriegsschiffen —, erreichten die acht größten Drittwelthersteller zusammen 140 Typen von Großgeräten — etwa 65 verschiedene Flugzeugtypen, 15 Panzerarten, 30 Raketen und 30 verschiedene Kriegsschiffe.

Im Mittleren Osten beispielsweise entwickelt und produziert Algerien eigene Kriegsschiffe. Äygpten stellt Hubschrauber, Bomber, Panzer, landgestützte Raketen, Anti-Panzer- Geschosse und Kriegsschiffe her, der Iran Hubschrauber und Israel Transportflugzeuge, Mehrzweckkampfflieger, Jäger (Flugzeuge) und gepanzerte Fahrzeuge, einschließlich Kampfpanzer und Kriegsschiffe. Außerdem werden im Mittleren Osten auch Waffen in Lizenz aus dem Ausland hergestellt: Ägypten produziert Flugzeuge mit brasilianischer und französischer Lizenz, Anti-Panzer-Raketen mit britischer und Panzer sowie Überwachungsradargerät mit amerikanischer Lizenz; der Iran produziert landgestützte Landraketen mit chinesischer und Jordanien Hubschrauber mit amerikanischer Lizenz. Israels Rüstungsindustrie ist groß genug, um beträchtliche Mengen ins Ausland exportieren zu können: Luft-zu-Luft- Raketen nach Argentinien, Schiff- zu-Schiff-Raketen und raketentragende Kampffugzeuge nach Chile, Mehrzweckkampfflieger und wassergestützte Luftraketen nach Kolumbien, schnelle Überwachungsboote nach Sri Lanka, luftgestützte Luftraketen nach Thailand und Transportflugzeuge nach Venezuela. Außerdem produziert Belgien in israelischer Lizenz Feldradar und die USA luftgestützte Bodenraketen.

Der Iran bemüht sich, eine Reihe von Artillerie-Raketen zu exportieren. Sowohl Ägypten als auch der Iran und Israel haben ihre Absicht bekundet, ihre Rüstungsindustrien auszubauen, besonders das Programm der Militärelektronik. Jedoch können weder die arabischen Länder noch der Iran bisher Großgerät in sehr großen Mengen produzieren, vor allem das komplexere Gerät nicht. Auf der anderen Seite stellt Israel hochtechnisierte Rüstungsgüter her, beispielsweise das Kfir- Mehrzweckkampfflugzeug, das mit den besten amerikanischen Maschinen konkurrieren kann. Zwischen Israel und den arabischen Ländern besteht so ein beträchtliches Ungleichgewicht in der Fähigkeit der Waffenproduktion.

Die internationalen Versuche, die Weiterentwicklung der iranischen und irakischen Rüstungsindustrie während des irak-iranischen Kriegs durch Nichtlieferung von Komponenten zu behindern, ist kläglich fehlgeschlagen. Es fällt schwer zu glauben, daß die Versuche zur Restriktion einer einheimischen Rüstungsindustrie im Mittleren Osten erfolgreicher sein werden. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, daß sie sich stetig vergrößern werden, wenngleich das Ungleichgewicht zwischen der israelischen und den arabischen Industrien dadurch so schell nicht aufgehoben werden wird — ein Zustand, der die Araber um so mehr sich um Importe bemühen lassen wird.

Restriktionen?

Die zur Zeit existierenden Restriktionen für Rüstungsexporte sind in den verschiedenen Ländern außerordentlich unterschiedlich. Die restriktivste Politik betreibt Schweden. Es dürfen keine Waffen in Länder verkauft werden, in denen Krieg herrscht oder die sich in einem internationalen Konflikt engagieren, der zu Krieg führen könnte; ebenfalls verboten sind Exporte in Bürgerkriegsgebiete oder Länder, in denen Waffen aller Wahrscheinlichkeit nach zur Verletzung von Menschenrechten gebraucht werden.

Nur wenige Länder verfahren so restriktiv. Die USA und andere Länder des Westens kontrollieren ihre Exportpolitik lediglich nach dem außenpolitischen Nutzen der Exporte, mit nur wenig Rücksichtnahme auf eine Rüstungskontrollpolitik; sowjetische Restriktionen haben ausschließlich mit den Prioritäten der Außenpolitik zu tun. Keines dieser Länder hält Rüstungskontrolle per se für ein wichtiges Ziel.

Einige der größeren Exporteure interpretieren ihre Gesetze freier als andere. Sowohl Frankreich als auch Großbritannien und die Bundesrepublik erklären prinzipiell, daß sie keine Waffen in Kampfgebiete exportieren, keines der Länder jedoch hält sich daran. Die Bundesrepublik und Großbritannien sind in dieser Hinsicht etwas rigider als Frankreich, das zur Zeit dabei ist, seine Waffenexportgesetze zu lockern.

In den USA muß der Kongreß seine Zustimmung geben, sobald „wichtiges militärisches Material“ im Wert von über 14 Millionen US- Dollar oder „andere Waffen“ im Wert von über 50 Millinen US-Dollar exportiert werden sollen. Das Stockholmer Institut SIPRI hat die Länder des Mittleren Osten aufgelistet, deren Bitte um Zustimmung für Waffen seit 1987 vom Kongreß zurückgewiesen wurde: Bahrein, Jordanien, Kuwait, Oman, Qatar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Seit 1988 jedoch hat der Kongreß seine Haltung revidiert und eine beträchtliche Menge von Waffenexporten in den Mittleren Osten erlaubt. Nach dem Ende des Golfkriegs ließ Präsident Bush die amerikanischen Waffenexporte in den Mittleren Osten einfrieren, taute sie jedoch — außer im Fall des Irak — bald wieder auf...

Die verzweifelte Lösung

Angesichts dieses Business-as-usual sind die Aussichten auf eine Reduzierung des Handels mit konventionellen Waffen in nächster Zukunft nicht gut. Kunden gibt es reichlich, und allein im Mittleren Osten beläuft sich die neuste Waffenbestellung Saudi- Arabiens, Ägyptens, der Golfstaaten und Israels bei den USA zusammen auf die haarsträubende Summe von 60 Milliarden Mark; Syrien kauft derweil in großen Mengen von der UdSSR, China und Nordkorea, der Iran wird von der UdSSR beliefert.

Da der Handel mit konventionellen Waffen zur Zeit nicht entscheidend eingeschränkt werden kann, wird als Maßnahme zur Eindämmung des destabilisierenden Effekts mächtiger Militärs in Regionen der Dritten Welt vorgeschlagen, den Verkauf von Defensivgerät zu fördern. Ein Vorschlag, der sich aus der Logik der derzeitigen Militärtechnologie ergibt.

An eine weitreichende Kontrolle des Exports in die Dritte Welt — oder gar an Abrüstung — ist jedoch nicht zu denken, solange kein befriedigendes Sicherheitssystem ausgearbeitet ist. Die Ausichten auf eine solche Kontrolle würden größer, wenn es gelänge, das Nichtverbreitungsabkommen für nukleare Sprengsätze und das Abkommen zum Verbot der Entwicklung, Produktion und Lagerung von biologischen Waffen auszuweiten, und wenn ein Gesamtverbot chemischer Waffen erreicht werden könnte. Der sinnvollste Schritt zur Stärkung des Nichtverbreitungsabkommens wäre ein Verbot aller atomaren Tests.

Aber die Hoffnung auf Rüstungskontrolle mag sich immer noch als viel zu optimistisch erweisen. Im Golfkrieg wurde die Infrastruktur eines Drittweltlandes, des Irak, durch konventionelle High-Tech-Waffen der fortgeschrittenen Nationen vollkommen zerstört. Die schlimmste Folge dessen könnte sein, daß Drittweltländer angesichts dessen nur die Möglichkeit sehen, sich nukleare Waffen zu verschaffen, ohne die sie sich jedem Angriff schutzlos ausgeliefert fühlen.

Wenn die „Transparenz“, von der der britische Premierminister John Major gesprochen hat, noch vor solch einer Katastrophe zustande kommen soll, dann muß jede Regierung Informationen über sämtliche Waffenexporte aus ihrem Land öffentlich machen. Aus diesen Informationen könnten die Vereinten Nationen beispielsweise ein offizielles Register des Waffenhandels anlegen. Dies wäre jedoch für die herrschende Kultur der Geheimhaltung — und des politischen Willens — eine beträchtliche Bedrohung. Gegen eine solche Entwicklung ist deshalb mit dem größtmöglichen Widerstand der Militärbürokraten zu rechnen.

Der Autor war früher Direktor des Internationalen Friedensforschungsinstituts in Stockholm. Er ist Verfasser mehrerer Bücher zur nuklearen Rüstung und Militärtechnologie. Seine letzten beiden Bücher sind The Invisible Bomb (1989) und The Automated Battlefield (1988). Der Beitrag ist leicht gekürzt worden.