Türkischer Dachverband für Berlin gegründet

■ Überparteiliche Interessenvertretung tritt für gleiche Rechte in einer multikulturellen Gesellschaft ein

Schöneberg. Etwa 200 Mitglieder und Vertreter türkischer Organisationen haben gestern im Rathaus Schöneberg einen Dachverband zur Durchsetzung ihrer Interessen gegründet. Der »Bund der EinwanderInnen der Türkei in Berlin« geht zurück auf ein Aktionsbündnis, das zu Beginn 1990 gegen den Entwurf des Ausländergesetzes zusammengekommen war. Der überparteiliche Interessenverband will engagierte Kräfte in der Ausländer-, Flüchtlings- und ImmigrantInnenpolitik zusammenbringen. »Wir gehen davon aus, daß die Niederlassung der im Rahmen der Ausländerbeschäftigung nach Deutschland geholten nichtdeutschen Minderheiten unumkehrbar ist«, sagte Ertekin Özcan, frisch gewähltes Präsidiumsmitglied. »In einem breiten Bündnis wollen wir, auch gemeinsam mit Parteien, Kirchen und Gewerkschaften, unsere Forderungen durchsetzen.« Das Bündnis fordert die Anerkennung der Bundesrepublik als faktisches Einwanderungsland sowie die Anerkennung der multikulturellen Gesellschaft. Außerdem will es den muttersprachlichen Unterricht sowie Religionskunde für muslimische SchülerInnen an Berlins Schulen einführen. Für Eingewanderte fordert es die doppelte Staatsbürgerschaft sowie das kommunale Wahlrecht für alle, die sich mittel- oder langfristig hier aufhalten.

Die Gründung der türkischen Interessenvertretung wurde von zahlreichen Gästen begrüßt. Abgeordnete aller Parteien außer der CDU waren erschienen und entsandten Grußworte. Auch sie setzten sich ausnahmslos für das kommunale Wahlrecht für Ausländer ein. Karin Dörre von der PDS forderte den Bund auf, Druck auf die Mitglieder des Ausländerausschusses auszuüben. »Sie müssen uns zwingen, ihre Interessen wirksam zu vertreten, solange sie das noch nicht selber im Parlament können«, so Dörre. Professor Helmut Essinger von der Freien Universität wünschte sich, »daß sich demnächst alle ImmigrantInnen in dieser Stadt vereinigen und nicht nur einige Organisationen.« Christian Pulz von der Fraktion Bündnis 90/Grüne warb gestern um Solidarität mit den vietnamesischen Vertragsarbeitern in Ost-Berlin, deren Verträge großenteils im kommenden April auslaufen. jgo