Geburtstag mit Streichquartett

Kuratorium stärkt DS Kultur den Rücken/ Viele Fragen beim nationalen Hörfunk sind noch unbeantwortet  ■ Von Karl-Heinz Stamm

Während draußen tiefer Nebel über regennassem Herbstlaub lag, brachten drinnen, im getäfelten Sitzungssaal der Ost-West-Wirtschaftsakademie, vier Streicher das Andante aus Wolfgang Amadeus Mozarts F-Dur-Quartett zu Gehör. Das Kopfmotiv dieses Stückes, das Mozart seinem verehrten Freund und Kollegen Joseph Haydn widmete, ist das musikalische Kennzeichen — neudeutsch würde man Jingle sagen — von DS Kultur. Auch wenn der Ost- Sender am Freitag erst seinen einjährigen Geburtstag feierte, das Ambiente — eine hochherrschaftliche Villa im Berliner Grunewald — war standesgemäß.

Geladen hatte das Kuratorium zur Förderung des Deutschlandsenders Kultur, das dem Klassiksender dabei behilflich sein will, daß er ohne substantielle Verluste in den nationalen Hörfunk überführt wird. Unterstützung tut not. Zwar haben sich ARD und ZDF gerade darauf geeinigt, daß sie das Programm bis Ende nächsten Jahres in gemeinsamer rundfunkrechtlicher Verantwortung fortführen. In der Verwaltungsvereinbarung steht aber auch, daß „etwaige programminhaltliche und strukturelle Änderungen“ vorgenommen werden können.

So etwa eine Übernahme des ARD-Nachtprogramms und der RIAS-Nachrichten. Der Kulturkanal verlöre damit seinen Charakter als Vollprogramm. Daß der Deutschlandfunk (DLF) in Köln, der RIAS und DS Kultur in Berlin, die laut Ministerpräsidentenbeschluß vom Juli und Oktober nationalen Hörfunk anbieten sollen, in ihrer jetzigen Form nicht erhalten bleiben können, ist allen Beteiligten klar. Daß es den Kulturkanal des Ostens als ersten trifft, will das Kuratorium nicht hinnehmen.

Ungeklärt ist nach wie vor die Frage, wie das bundesweite Hörfunkprogramm organisiert werden soll. Drei Modelle stehen zur Diskussion. Gerade erst hat der DLF ein Rechtsgutachten vorgelegt, das die von Intendant Gruber favorisierte Eigenständigkeit untermauert. Die beste Voraussetzung zur Veranstaltung nationalen Hörfunks, so der Münchner Verfassungs- und Rundfunkrechtler Peter Lerche, biete eine selbständige öffentlich-rechtliche Länderanstalt. Dafür tritt auch die Bonner Regierungskoalition ein.

Probleme gibt es aber auch bei den Frequenzen. War anfangs von zwei bis drei Wellen die Rede, so kommt man mit der Annahme von einer UKW-Frequenz und einem Programm, das über Satellit abgestrahlt wird, der Realität im Äther schon sehr nahe. Denn Frequenzen sind für die Länder ein hohes Gut. Von daher war ZDF Intendant Dieter Stolte, der seitens des ZDF für Inhalt und Gestaltung des Kulturprogramms verantwortlich ist (für die ARD hat der SFB als ortsansässige Anstalt die Federführung), schon froh, als die Landesfürsten bei ihrer Jahreskonferenz in Gravenbruch bei Frankfurt/Main sich darauf einigten, daß DS Kultur seine Frequenzkette in Ostdeutschland behält.

Zwar wird der Beschluß über einen nationalen Hörfunk von allen Ministerpräsidenten getragen, auf unterer Ebene wird er gleichsam unterminiert. So haben sich am 11. November der Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks und die Landeszentrale für neue Medien, die die Frequenzen für die privaten Anbieter vergibt, nach langem Streit darauf geeinigt, daß einige UKW-Frequenzen die eigentlich für Private vorgesehen waren, an den Informationskanal Bayern 5 gehen. Die Info-Welle kann nämlich noch immer nicht flächendeckend abgestrahlt werden. Die plötzliche Einigung kam deshalb zustande, weil man fürchtet, die Frequenzen könnten an den nationalen Hörfunk fallen.

Ob die Ministerpräsidenten bei ihrem nächsten Treffen am 4. Dezember beim Thema Neuordnung des Rundfunks ein Stück weiterkommen, ist mehr als fraglich. Bei der Geburtstagsfeier gab sich Chefredakteurin Monika Künzel jedenfalls betont optimistisch. Sie erinnerte an das Märchen vom Aschenputtel, das wie ihre beiden Schwestern auch gerne zum bunten Tanze gegangen wäre.

Da jeder weiß, wie das Märchen ausgeht, brauchte sie die Geschichte nicht zu Ende zu erzählen. Wer die beiden Schwestern sind, wußte ohnehin jeder.