Kohls Statthalter setzt sich durch

Der Regierungschef von Sachsen-Anhalt, Werner Münch, übernimmt den Parteivorstand/ Westpolitiker setzt sich gegen ehemaligen Fraktionschef Joachim Auer durch  ■ Von Eberhard Löblich

Womirstedt/Magdeburg (taz) — Der Landesparteitag der CDU Sachsen-Anhalts in Wolmirstedt war am Samstag noch nicht ganz eine Stunde alt, da hatte er schon seinen ersten Eklat. Fraktionschef Joachim Auer hielt nicht den angekündigten Rechenschaftsbericht der Landtagsfraktion, sondern erklärte in kurzen bitteren Worten seinen Rücktritt. Seinen Abschied, den er unter heftigem Applaus der Delegierten verkündete, verband er noch einmal mit heftiger Kritik an der Arbeit des bisherigen Landesvorstandes sowie an der Kandidatur von Ministerpräsident Münch zum Landesvorsitzenden. Sprach's, schwang sich in sein Auto und ward für den Rest des Parteitages nicht mehr gesehen.

Vermutlich wußte er ohnehin, daß seine Kritik an den Ambitionen des Wessis Münch auf wenig fruchtbaren Boden fiel. Der Regierungschef bekam bei zwei Gegenkandidaten bereits im ersten Wahlgang zehn Stimmen mehr als die erforderliche absolute Mehrheit. Zwar sind 54,7 Prozent nicht gerade ein berauschendes Ergebnis, wenn man Parteichef werden will, aber Münch hätte vermutlich schon einen Wahlerfolg mit nur einer einzigen Stimme Mehrheit als Sieg für sich verbucht. So riß er dann auch für die Fotografen die blumenbesträußten Arme zur bekannten Siegerpose hoch.

Und mit der weiteren Besetzung des Vorstandes erfüllte er ein dringendes Anliegen seines Mentors Helmut Kohl. Indem er die beiden unterlegenen Kandidaten, Christoph Bergner und Bernhard Ritter, zu seinen Stellvertretern machen ließ, sorgte er für Ruhe an der Parteifront in Sachsen-Anhalt. Beide stehen für die neue CDU im Osten und vor allem für den Süden Sachsen-Anhalts. Versöhnung über Parteigräben also. Und vor allen Dingen Versöhnung zwischen Landespartei und Landtagsfraktion. Denn Bergner und Ritter waren die Kandidaten, die die Fraktion noch unter Auer aufgestellt hatte, um der sich abzeichnenden Kandidatur Münchs etwas entgegenzusetzen. Münch gilt als Kandidat auch des alten Landesvorstands unter dem geschaßten Ministerpräsidenten Gerd Gies, einem Intimfeind Auers. Die Wahl der Frauenbeauftragten der Landesregierung, Carmen Stange, sorgte dafür, daß auch die mitunter recht streitbare Frauen- Union zumindest in Sachsen Anhalt befriedet ist.

Ruhe im Land ist nicht nur für Kanzler Kohl, sondern auch für den neuen Landesvorsitzenden und Regierungschef von Sachsen-Anhalt, Münch, oberste Parteipflicht. Parteiinterne Konflikte will der künftig unter Ausschluß der Öffentlichkeit parteiintern austragen. „Wir müssen zusammenstehen“, gab er die Parole aus, „damit sich bei der Wahl 1994 nicht der politische Gegner ins halbgemachte Nest setzt.“