Krebs wartet in der Schrankwand

■ Gehörlosen-Schule fordert Formaldehyd-Sanierung

Die letzte Messung im Februar war keineswegs beruhigend. Zwar zeigte die Raumluftanalyse des Institutes für Mensch und Natur (Verden) „nur“ noch eine Formaldehyd-Konzentration von 0,0565 ppm an. Gleichzeitig aber hatten die Analytiker ein Stück Spanplatte aus der Gehörlosen- Schule in der Marcus-Allee untersucht. Ganze Raumteiler und Schrankwände bestehen in dem 1980er-Neubau aus diesem Material. Das Resultat dieser Messung: „Die Werte lagen bis zum Fünf- und Sechsfachen über dem zulässigen Spitzenwert“ (=0,1ppm), erklärte gestern der Schulleiter, Manfred Büscher.

Da helfe nur Eines: Alle Spanplatten müßten herausgerissen und durch Tischlerplatten ersetzt werden. Das forderten gestern der Elternbeirat der Gehörlosen- Schule, das Kollegium und der Direktor. Seit April gibt es sogar einen Kostenvoranschlag für diese Maßnahme: 570.000 Mark. Doch weil die Raumluftwerte noch unter dem Grenzwert liegen, sieht die „Arbeitsgruppe toxische Baustoffe“ beim Bausenator keinen Handlungsbedarf. Ein Sanierungsantrag ist nach Angaben des Sprechers der Bildungsbehörde, Werner Alfke, vom Bausenator abgelehnt worden.

Stattdessen schlug die Baubehörde vor, mit einem zusätzlichen Ventilationssystem für bessere Lüftung zu sorgen. „Das würde zwar die Raumluft-Werte verbessern, gleichzeitig aber würden die Ventilationsgeräusche auf die Hörgeräte unserer Schüler übertragen und Unterricht damit unmöglich“, erklärte Schulelternsprecher William Werk. Und auch eine Versiegelung der schädlichen Spanholzplatten wäre nur eine Zwischenlösung.

Wie es in der Marcus-Allee weitergehen soll, ist derzeit noch unklar. Nach Angaben der Bildungsbehörde wird sich eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus den Ressorts Bildung, Bau und Gesundheit erneut mit diesem Problem beschäftigen. „Wenn es noch nicht ausreicht, was wir da gemacht haben, dann werden wir das nachholen“, versicherte gestern auch Bildungssenator Scherf. Er soll nach Angaben der Schulleitung bereits im August den Beginn der Sanierung angekündigt haben.

Die älteren Jahrgänge der etwa 130 SchülerInnen der Gehörlosen-Schule protestierten gestern kräftig mit: Sie hatten die vergifteten Einlegeböden aus den Schrankwänden auf den Schulhof getragen und das Skelett aus der Biologie-Sammlung obendrauf gesetzt. „Vielen Dank für Formaldehyd“, stand da zu lesen, „Krebs kommt später.“ mad