„Erstmal ein riesiges Gewurschtel“

■ Verpackungsverordnung seit gestern in Kraft / Müllrücknahme ist Pflicht, doch keiner weiß wie

Am Sonntag ist der erste Teil von Klaus Töpfers neuer Verpackungsverordnung in Kraft getreten. Die VerbraucherInnen sind davon zwar noch nicht direkt betroffen, dafür aber Hersteller und Vertreiber um so mehr: Ab sofort müssen sie alle Transportverpackungen wie Kisten, Kartons und Styroporbehälter wieder zurücknehmen und dem Recycling zuführen. Bisher mußten die Einzelhändler selbst für die Beseitigung des Transportmülls sorgen, nun ist die Industrie gefordert — und zur Zeit offensichtlich noch völlig überfordert.

„Die Vereinbarungen mit dem Handel sind noch gar nicht unter Dach und Fach“, sagt Jacobs- Sprecher Rolf Sauerbier. „Da herrscht jetzt erstmal ein riesiges Gewurschtel“, meint auch Hans- Georg Walter von „Nordsee“ aus Bremerhaven. Die kommunale Müllabfuhr wird sich seiner Ansicht nach vielerorts weigern, die Transportverpackungen bei den Einzelhändlern mitzunehmen. Bleibt die Möglichkeit privater Entsorger, mit denen viele Händler bisher schon Verträge hatten. Völlig undurchsichtig würde die Situation aber, sollte die Industrie nun tausende solcher Einzel-Verträge übernehmen.

„Darum wird es keine Individuallösung geben“, versichert Hasso G. Nauck, Geschäftsführer der Bremer Schokolade-Fabrik Hachez. Die Lösung soll die übergeordnete „Gesellschaft zur Rücknahme und Verwertung von Transportverpackungen GmbH“, kurz RVT bringen: Dieser Zusammenschluß der Hersteller wird Entsorgung der Kisten und Kästen übernehmen. Die Hersteller der Transportverpackungen werden dem Handel die Kosten der Müllbeseitigung erstatten.

Die Kosten dafür werden umgelegt auf die Kosten der Verpackungen, die letzten Endes die Herstellerindustrie des eigentlichen Produktes bezahlt — und die damit ins Grübeln kommen soll, ob sich viel Transportverpackungsaufwand lohnt.

Unklar ist für einige Industrie- Betriebe noch die Frage der Definition — was ist Transportverpackung — was ist Verkaufsverpackung? Denn letztere wird erst ab 1. Januar 1993 in der dritten Stufe der Verpackungsverordnung erfaßt und muß dann von den Händlern zurückgenommen werden. Deren Sammlung hat die Industrie dem „Dualen System“ übertragen, das die Verkaufs- Verpackungen ebenfalls in speziellen Containern zurücknehmen will.

Doch während die dem „Dualen System“ angeschlossenen Firmen ihren Produkten bereits jetzt den Umweltfreundlichkeit suggerierenden „Grünen Punkt“ verpassen — der lediglich besagt, daß die Verpackungen in die extra aufgestellten Container geworfen werden können, die es aber noch fast nirgends gibt — funktioniert die „Schwester-Sammelgesellschaft“ RVT überhaupt noch nicht.

Erst ab April nächsten Jahres kann sie vermutlich ihre Aufgaben übernehmen. „So schnell geht das eben nicht“, meint Nordsee-Direktor Wahlter dazu. „Dieses Gesetz ist leider mit einer sehr heißen Nadel gestrickt worden.“ Und bis April werden die Hersteller mit den Händlern ganz individuell verfahren — was in vielen Fällen vorerst heißen dürfte: Gar nicht. Susanne Kaiser