Armee als Selbstbediener

■ Togo und andere afrikanische Staaten haben Schwierigkeiten mit ihrem Militär

Armee als Selbstbediener Togo und andere afrikanische Staaten haben Schwierigkeiten mit ihrem Militär

Schwierigkeiten ungeahnten Ausmaßes begleiten den Demokratisierungsprozeß, der vergangenes Jahr mit großen Hoffnungen eine ganze Reihe afrikanischer Staaten ergriffen hatte. Der undurchsichtige Machtkampf in Togo, bei dem der ehemalige Diktator Gnassingbe Eyadema als einziger tatsächlicher Sieger erscheint, ist nur eines unter mehreren Alarmzeichen. In Togos Nachbarstaat Burkina fanden am Sonntag Präsidentschaftswahlen statt, bei denen der jetzige Amtsinhaber der einzige Kandidat war — die legale, frei agierende Opposition hatte ihre Kandidaten zurückgezogen und sich zum Wahlboykott entschlossen. Der nördlich von Burkina gelegene Sahel-Staat Mali hat seine für diesen Monat angesetzten ersten freien Wahlen verschoben, da der Aufstand der Tuareg-Nomaden im Norden sich zu einem schleichenden Bürgerkrieg ausgeweitet hat. Ethnische Konflikte erschüttern auch das kleine ostafrikanische Burundi, während der große Nachbar Zaire weiter unter der manipulierfähigen Fuchtel Mobutus verharrt. Und ganz im Osten versinkt Somalia in einem immer blutigeren, immer hoffnungsloseren Krieg, bei dem es nur noch Verlierer gibt.

Der Kassandra-Ruf eines togolesischen Ministers, der vor einem Comeback der in der letzten Zeit entmachteten Diktatoren Afrikas warnt, ist daher nur zu verständlich. Und er ist nicht der einzige, der in dieser Situation eine energische Einmischung der Industrienationen fordert. Nichtsdestotrotz offenbaren solche Appelle ein gehöriges Ausmaß von Hilflosigkeit. Daß die ehemaligen Kolonialmächte in der moralischen Pflicht seien, die von ihnen eingesetzten und finanzierten Tyrannen wieder zu beseitigen, war ein Standardsatz vieler afrikanischer Demokraten, als es innerhalb der betroffenen Länder noch wenig ernst zu nehmende Regungen aktiver Opposition gab. Nun aber, da sich einige dieser Länder aus eigener Kraft demokratisieren, erscheint der Hilferuf als Zeichen von Schwäche. Sollen die bisherigen Diktatoren denn Gelegenheit erhalten, sich erneut als antikolonialistische Befreier gegen die neuen Demokraten und ihre europäischen Freunde zu gebärden?

Das aktuell drängendste Problem, an dem sich die Demokraten in Togo und anderswo die Zähne ausbeißen, ist das Verhältnis zum Militär. Afrikanische Armeen, geschaffen nach dem Vorbild der Kolonisatoren, verkörpern im eigenen Selbstverständnis das Effizienzzentrum der Nation. Ob sie sich als große Integrationsinstanz heterogener Staaten verstehen (wie in vielen frankophonen Ländern) oder eher in englischer Manier als Simplifizierer und Säuberer in komplizierten, korrupten Zeiten — ihr Anspruch war und ist ein politischer. Gleichzeitig sind sie gute Interessenvertreter — die Streitkräfte sind nun einmal der streitkräftigste Teil der Gesellschaft, sind sie doch an Selbstbedienung gewohnt.

Es ist somit eine wichtige Priorität für neue demokratische Regierungen, die überdimensionalen, raffgierigen Armeen zu verkleinern und ihre Finanzmittel für nützlichere Zwecke umzuleiten. Den Armeeführungen jedoch darüber hinaus den Prozeß wegen ihrer Foltervergangenheit zu machen — wie dies in Togo geplant war — ist moralisch verständlich, politisch jedoch riskant. Denn die entmachteten Generäle und Offiziere werden sich ohnehin anderen lukrativen Geschäften zuwenden: Schiebereien in der Schattenwirtschaft, Drogen und Devisen, Ausbilder- und Söldnerdienste. Dies gibt ihnen ein neues Machtpotential, mit dem die Regierungen über kurz oder lang konfrontiert sein werden. In einer solchen Situation bleibt den Demokraten wahrscheinlich nur der Weg des geringsten Widerstandes. Sonst liefern sie sich, wie in Togo geschehen, der Gefahr des Putsches aus und setzen damit das Werk der Erneuerung aufs Spiel. Dominic Johnson