Keine Aussöhnung zwischen USA und Japan

Zum 50. Jahrestag des Angriffs auf Pearl Harbor finden Washington und Tokio keine gemeinsame Sprache  ■ Aus Tokio Georg Blume

Dies war keine Stunde falscher Höflichkeiten zwischen Washington und Tokio. Noch am Sonntag hatte US- Präsident George Bush den US-amerikanischen Atombombenabwurf auf Hiroshima als „kalkulierte Entscheidung“ während des Zweiten Weltkrieges gewertet und hinsichtlich des Atommassakers von 1945 betont: „Niemand erwartet Entschuldigungen.“

Genauso verstand es dann auch der japanische Regierungssprecher Koichi Kato, der in seiner Replik am Montag auch eine Entschuldigung Japans für den kriegsauslösenden Angriff auf Pearl Harbor ausschloß. Die Atombombenabwürfe auf Japan bezeichnete der Regierungssprecher als „unglückliche Fälle“ der Geschichte.

Die Statements aus Washington und Tokio machten freilich nur eines klar: einen Dialog über die dunklen Seiten der gemeinsamen Vergangenheit wird es zwischen den USA und Japan auch angesichts des am kommenden Wochenende bevorstehenden fünfzigsten Jahrestages des Angriffs auf Pearl Harbor nicht geben. Weder Bush noch die japanische Regierung finden eine gemeinsame Sprache zur Bewältigung der Kriegsverbrechen. Obwohl beide Seiten an ihrer engen Kooperation für die Zukunft festhalten wollen, können sich die Regierungen in Washington und Tokio auch heute noch nicht zur Aussöhnung über die Vergangenheit entschließen.

Dabei wollte George Bush nicht den Miesepeter spielen: „Hey, laßt uns das alles vergessen“, bat der US- Präsident, „laßt uns gemeinsam in die Zukunft blicken.“ Auch dem hatte Regierungssprecher Koichi Kato in Tokio nur beizupflichten: „Die Vergangenheit ruht noch in unseren Herzen, aber wir müssen uns für die Geschichte von morgen entscheiden.“

Weder die US-amerikanischen noch die japanischen Aussagen beschwören deshalb eine diplomatische Verstimmung herauf. Dennoch verspricht das aus der Sicht mancher Beobachter fehlende Maß an gegenseitigem Entgegenkommen zumindest im japanischen Parlament noch emsige Verhandlungen: Gestern kündigte die größte japanische Oppositionspartei, die Sozialdemokraten, einen Initiativantrag an, demzufolge das Parlament noch diese Woche eine Entschuldigungsresolution ob der japanischen Aggressionen im Zweiten Weltkrieg beschließen möge.

Die liberaldemokratische Regierungspartei hat sich zu Gesprächen über eine solche Resolution bereiterklärt — wenngleich sie lieber einen Aufruf zum „ewigen Frieden“ formulieren möchte.