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Herausforderung

■ Zur portugiesischen Verhandlungstaktik

Den portugiesischen Premierminister plagt ein Alptraum: Die Gipfelverhandlungen über die angestrebte Wirtschafts- und Währungsunion einschließlich politischer Union enden ohne Ergebnis. Dies wäre für Anibal Cavaco Silva ein harter Schlag, würde doch dadurch sein Lieblingsprojekt — die Aufstockung der EG-Strukturfonds für die wirtschaftliche Aufpäppelung der armen Mitgliedsländer — auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben. Jedes Ergebnis wäre ihm deshalb lieber als keines. Zudem übernimmt er Anfang Januar die EG-Präsidentschaft — eine Aufgabe, die ihn schon unter normalen Umständen mehr als genug beschäftigen würde. Denn es ist immerhin das erste Mal, daß ein portugiesischer Regierungschef dieses hohe Amt übernimmt. Portugal trat erst 1986 der Gemeinschaft bei.

Ein Scheitern der Verhandlungen würde aber bedeuten, daß Cavaco Silva die ersten Monate seiner Präsidentschaft erst einmal damit verbringen müßte, die „Reste der Union zusammenzuklauben“. Eine lästige Aufgabe, wo doch sein eigentliches Augenmerk auf die Ausweitung der bereits bestehenden Finanztransfers in den armen Süden gerichtet ist. Dazu sollen in einer Erklärung im Rahmen der Unionsverträge zumindest die Grundzüge festgelegt werden.

Um die reicheren Länder, insbesondere Frankreich und Deutschland unter Druck zu setzen, hatte die portugiesische Regierung in diesem Jahr fast alle Vorschläge zu einer politischen Union abgelehnt. Ob bei der Diskussion über eine gemeinsame Armee außerhalb der Nato, über mehr Rechte für das Europäische Parlament oder das Ziel eines föderalen Europas — die Antwort der Regierung lautete „nein“, obwohl sie im Grunde von der Schaffung einer gemeinsamen Währung begeistert ist. Doch nun, kurz vor dem Gipfel und dem Präsidentschaftswechsel, gibt sich Cavaco Silva plötzlich integrationsfreundlicher — nicht zuletzt, um in seiner zukünftigen Rolle als Vermittler glaubwürdiger zu erscheinen. Ein Scheitern der Verhandlungen würde außerdem seine Ambitionen zunichte machen: Um die Aufstockung des „Kohäsionsfonds“ zu sichern, ist der Premierminister inzwischen sogar bereit, dem Europaparlament mehr Rechte einzuräumen und Mehrheitsbeschlüsse der Außenminister in der Außenpolitik zu akzeptieren. Isabel Arriaga e Cunha

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