Vom Nachttisch geräumt: Wonnen

Die Mutter von Thomas und Heinrich Mann hat Erinnerungen geschrieben, kleine Erzählungen skizziert. In Aus Dodos Kindheit schildert die 1851 geborene Julia Bruhns da Silva die ersten 17 Jahre ihres Lebens. Ihr Aufwachsen auf einer Farm in Brasilien, der Tod der Mutter, die Fahrt der Siebenjährigen nach Lübeck. Dort kam sie in ein Mädchenpensionat. Als sie es mit 16 verließ, zog sie zu einem Onkel, denn ihr Vater war inzwischen auch gestorben. Mit 17 verlobte sie sich mit Thomas Johann Heinrich Mann.

Die Erinnerungen waren schon einmal erschienen. Neu sind die Skizzen und eine Reihe von Briefen an Heinrich Mann. Sie machen den Band zu einem Muß für die zahlreichen Mann-Fans. Für Liebhaber von Mutter-Sohn-Verhältnissen natürlich ein gefundenes Fressen. Besonders schön, wie sich die Mutter die Augen ausschaut nach Stoff für die Dichterwut des Sohnes: „Kannst Du diesen Typ gebrauchen? Ich lernte ihn vorige Ostern in München kennen in dem Besitzer der Pension Kosmos. Früher Millionär durch Erbe. Äußerst cholerisch und immer laut redend und scheltend... Seine Bilder-Liebhaberei geht so weit, daß er auch das Klosett mit 50 Stück schmückt.“ Natürlich teilt sie Heinrich haarklein mit, was Tommy und Katia zur Hochzeit geschenkt bekommen haben. Sie vergißt auch nicht Heinrichs Geschenk — ein weißes Kaffeeservice mit Kleeblattschmuck — besonders zu loben.

Julia Mann: Ich spreche so gern mit meinen Kindern — Erinnerungen, Skizzen, Briefwechsel mit Heinrich Mann. Hrsg. von Rosemarie Egert, Aufbau-Verlag, 360 S., 23 S/W-Aabbildungen, 48 DM