Läßt Israel sich durch Platzhalter vertreten?

 ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Die Kraftprobe zwischen den USA und Israel über das Procedere der Nahostkonferenz ist offenbar nicht zu Ende. Der israelische Minsterpräsident Jizchak Schamir besteht nach wie vor darauf, daß „substantielle“ Gespräche nicht vor dem 9. Dezember beginnen. Die israelische Regierung hatte folglich auch am Vorabend des 4. Dezember keine Anstalten gemacht, ihre Delegationen für die bilateralen Gespräche mit Palästinensern, Libanesen, Jordaniern und Syrern nach Washington zu schicken. Statt dessen wurde eine wenig prominente Gruppe von Regierungsbeamten entsandt, die bis auf weiteres eine Art Platzhalterrolle für die abwesenden israelischen Unterhändler übernehmen sollen. Außerdem wird der stellvertretende israelische Informationsminister Benjamin Natanjahu nach Washington reisen. Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Margret Tutwiler, teilte aber mit, sein Besuch stehe nicht im Zusammenhang mit den Nahost-Gesprächen. Natanjahu wird wohl die undankbare Aufgabe haben, der Kritik an der israelischen Verzögerungstaktik Paroli zu bieten.

Die arabischen Delegationen wurden hingegen pünktlich in Washington erwartet. Die Palästinenser hatten vor ihrer Abreise einige Schwierigkeiten, da die US-Behörden einem Teil ihrer Gruppe, außerhalb der besetzten Gebiete lebenden Mitgliedern der PLO, keine Visa erteilen wollten. Schließlich entschied das State Department, Visa für zwei PLO-Berater, Akram Hanyieh und Taissar Aruri, zu genehmigen. Beide stammen aus der Westbank und wurden von den israelischen Besatzungsbehörden deportiert.

Fünf sogenannten „Beobachtern“ der PLO, die in Madrid auch zugelassen waren, haben die USA die Einreise hingegen verweigert. Unter ihnen ist der prominente palästinensische Schriftsteller Mahmud Darwisch, der Mitglied des PLO-Exekutivrates ist, und der PLO-Sprecher in Tunis, Ahmad Abdel Rahman. Die palästinensische Delegation ist mit rund 50 Personen in Washington die größte Gruppe. Jordanien schickt 40 Personen, Syrien 25 und Libanon lediglich 9 Personen, angeblich aus „Budgetgründen“.

Uri Lubrani, Beauftragter für den besetzten Südlibanon in der israelischen Regierung und Leiter der Delegation für die bilateralen Gespräche mit den Libanesen, dementierte gestern die Meldung, Israel werde in den Verhandlungen auf die Enklave Jezzin verzichten, die bislang zusätzlich zur sogenannten „Sicherheitszone“ im Libanon besetzt gehalten wird. Lubrani erklärte, dies sei ohnehin nicht Sache Israels, sondern General Lahads, des Kommandanten der Südlibanesischen Armee (SLA), die den Südlibanon zusammmen mit der israelischen Armee besetzt hält.

'Ha'aretz‘ zitiert in diesem Zusammenhang israelische Militärs, die von einem „allgemeinen Rückgang der Motivation“ innerhalb der SLA sprachen, der auf die Nahost- Verhandlungen zurückzuführen sei. SLA-Söldner fürchten angeblich, daß die USA bald Druck auf Israel ausüben würden, der die Regierung veranlassen könnte, die „direkte Beherrschung“ des Südlibanons aufzugeben. Ein SLA-Sprecher gegenüber den israelischen Militärs: „Möglicherweise sind die Tage der israelischen Armee im Südlibanon gezählt. Wenn sie verschwindet, während wir gezwungen sind, hier weiterzuleben, dann werden wir erklären müssen, was wir hier getan haben und warum wir bewaffnet vorgegangen sind.“ Manche der SLA- Mitglieder wollen in diesem Fall versuchen, nach Israel auszuwandern.

Während 'Ha'aretz‘ auf „offizielle Kreise“ verweist, die schon jetzt für die Ausarbeitung eines neuen Verteidigungskonzepts für die israelische Nordgrenze plädieren, erklärte Minister Juval Neeman, man müsse den soeben begonnenen politischen Prozeß so schnell wie möglich stoppen. Er trat mit dieser Position vor dem Parteitag der rechtsradikalen Tehya-Partei auf, der zur Zeit in der Westbank abgehalten wird. Tehya und andere rechte Parteien der Regierungskoalition mit Likud wollen ihre Taktik koordinieren, um das Bündnis platzen zu lassen, sobald mit den arabischen Delegationen über die Zukunft der besetzten Gebiete verhandelt wird. Bei Neuwahlen wollen die rechten Parteien dann eventuell auf einer gemeinsamen Liste kandidieren.