Nach dem Tod des Medienzars: Bricht Maxwells Imperium zusammen?

■ Kevin Maxwell gestern von der MCC-Geschäftsführung zurückgetreten/ Schulden höher als erwartet

London/Berlin (taz) — Als Gruner + Jahr-Chef Gerd Schulte-Hillen vor drei Wochen Ian und Kevin Maxwell am Grab ihres Vaters Robert sein Beileid aussprach, ahnte er wohl kaum, wie schnell das Imperium seines Geschäftspartners in Wanken geraten würde. Gestern trat Kevin Maxwell, der die börsennotierte Maxwell Communications Corporation (MCC) übernommen hatte, im Zusammenhang mit der verworrenen Schuldensituation zurück. Der 32jährige begründete seinen Schritt mit dem Interessenkonflikt zwischen den einzelnen Unternehmen der Gruppe. Kevins Bruder Ian bleibt Chef der von der Schuldenkrise nicht betroffenen Mirror Group Newspapers (MGN), in der die zweitgrößte britische Tageszeitung 'Daily Mirror‘ erscheint. Vertreter von 30 Gläubigerbanken haben der Maxwell-Gruppe bis Freitag Zeit gegeben, um Pläne zur Schuldenregelung vorzulegen.

Durch den Tod des britischen Großverlegers würden „keinerlei Probleme entstehen“, gab sich Schulte-Hillen nach der Beerdigung noch überzeugt. Maxwell habe seinen Teil der Investitionen in die Zeitungen und Zeitschriften des Berliner Verlages ('Berliner Zeitung', 'Wochenpost') immer pünktlich überwiesen. Diese Woche nun muß sich Schulte-Hillen damit beschäftigen, wie er Maxwells Hälfte des noch immer kostspieligen ehemaligen SED-Verlages möglichst billig zukaufen kann.

Am Montag bereits war der Handel mit den Aktien von MCC und MGN an der Londoner Börse ausgesetzt worden. Die Banken, die den Maxwell-Söhnen zunächst einen Zahlungsaufschub gewährt hatten, berieten gestern in London darüber, ob sie die Privatfirmen aus dem Imperium unter ihre Verwaltung stellen: Deren Verschuldung liegt mit einer Milliarde Pfund (knapp drei Milliarden Mark) deutlich höher als erwartet. MCC steht darüber hinaus mit weiteren 1,3 Milliarden Pfund in der Kreide.

Um ein Aussetzen des Aktienhandels hatte das Unternehmen selbst nachgesucht, um die finanzielle Situation von MCC zunächst zu klären. „MCC hätte diesen Schritt sicher nicht getan, wenn nicht etwas tatsächlich Schwerwiegendes die Situtation geändert hätte“, sagte ein Banker gegenüber der 'Financial Times'. Außerdem wurde bekannt, daß die Pensionsfonds von MCC und MGN überprüft würden. Die Renten seien aber sicher, beeilte sich daraufhin ein MCC-Sprecher zu versichern.

Die Banken werden wohl noch eine Weile brauchen, bis sie tatsächlich das verschachtelte Firmenkonstrukt durchschauen. „Eine Besonderheit des Firmenkreises Maxwell ist die in diesem Unfang wohl einmalige Verquickung von privaten Firmen mit börsennotierten Unternehmen“, merkte die Züricher ' Weltwoche' in ihrer letzten Ausgabe an. An MCC halten die Maxwells 68 Prozent der Anteile, an MGN 51 Prozent. Doch diese Aktien sind größtenteils als Sicherheit für Bankenkredite an die privaten Maxwell-Firmen verpfändet — die zumeist verlustbringende Druckwerke herausbringen, wie die Wochenzeitung 'The European', die pro Ausgabe 1,5 Millionen Mark Verlust einfährt.

Mit dem Sturz des MCC-Kurses von 141 Pence Anfang November auf 35 Pence am Montag ist auch der Wert dieser Sicherheit hinweggeschmolzen: Statt 920 Millionen Pfund ist MCC nur noch knapp 230 Millionen Pfund wert. Der Kurs der MGN ist allerdings nach dem Tode Robert Maxwells gestiegen — und für den 'Daily Mirtror' stehen die Kaufinteressenten inzwischen Schlange. Donata Riedel