Rot-grünes Geheimdienstgesetz

■ Befugnisse des Verfassungsschutzes werden erstmals genau geregelt

Hannover (taz) — Mit Zustimmung der grünen MinisterInnen hat das niedersächsische Landeskabinett gestern den überarbeiteten Entwurf eines Verfassungsschutzgesetzes verabschiedet, das erstmals die Befugnisse des niedersächsischen Geheimdienstes genau abgrenzen soll. Vor allem auf Druck der Grünen sind in dem nun verabschiedeten Entwurf die dem V-Schutz erlaubten nachrichtendienstlichen Mittel weiter eingegrenzt worden: Wohnungen soll der Dienst künftig nicht mehr mit technischen Mitteln, wie Wanzen oder Richtmikrophonen, abhören dürfen. Auch das „Mitlesen gespeicherter Daten“, sprich das Hacken in fremden Computern, soll ihm nunmehr untersagt sein. Als V-Leute sollen künftig keine Personen mehr angeworben werden, die, wie etwa Pfarrer oder Journalisten, „ein besonderes berufliches Zeugnisverweigerungsrecht besitzen“. Einsetzen kann der Dienst allerdings künftig Wanzen und Richtmikrophone außerhalb von Wohnungen. Analog zum Under-cover-Agent sollen in Niedersachsen auch Verfassungsschützer als „verdeckt ermittelnde Beamtinnen und Beamte“ eingesetzt werden können.

An die Stelle der bisherigen parlamentarischen Kontrollkommission tritt nach dem Gesetzentwurf ein Verfassungsschutzausschuß des Landtages, der Akten und Unterlagen des Dienstes einsehen und Auskunftspersonen anhören kann. Der Entwurf untersagt es dem Geheimdienst ausdrücklich, „bei der Inanspruchnahme nachrichtendienstlicher Mittel Straftaten zu begehen“. Die V-Leute des Dienstes dürfen allerdings „Tatbestände der Organisationsdelikte, der Urkundendelikte und des Vereins- und Versammlungsrechts erfüllen“. Sie können also falsche Papiere benutzen und in verbotenen Organisationen mitarbeiten, sofern sie diese nicht selbst „gründen“ oder „steuernd“ beieinflussen. Nach Aussage des Chefs des niedersächsischen Verfassungsschutzes Hansjürgen Knoche wird das neue Gesetz die Arbeitsfähigkeit des V-Schutzes keineswegs beinträchtigen, sondern dessen „Akzeptanz“ fördern. Jürgen Voges