Der Berliner Bausumpf will in Farbe senden

■ Ehemalige Kompagnons des Betonfunkers Ulrich Schamoni wollen ihn bei der Bewerbung um ein privates regionales TV-Vollprogramm austricksen/ Hinter Schamonis Antrag steht Time/Warner, hinter »Hundert,6« die Klingbeil-Gruppe

Berlin. Der Gründer und Geschäftsführer der erfolgreichsten Berliner Privatradiostation »Hundert,6«, Ulrich Schamoni, wechselt das Medium und will künftig einen eigenen Fernsehsender aufbauen. Gleichzeitig mit seinem Ausstieg aus dem Radio ist ihm jedoch aus dem eigenen Nest ein großer Fernsehkonkurrent erwachsen: Zusammen mit der Klingbeil-Gruppe wollen Schamonis ehemalige Kompagnons ebenfalls einen Fernsehsender aufziehen.

Schamoni hatte nie einen Hehl aus seiner »Liebe zum bewegten Bild« gemacht und als Jungfilmer eindrucksvolle Erfolge erzielt. Gestern wurde auf einer Pressekonferenz deutlich, daß es darüber zwischen den Gesellschaftern der Schamoni Medien GmbH (SMG) zum Konflikt gekommen ist. Hintergrund des Streits sind die neuen Berliner Medienverhältnisse. Bislang galt die SMG als eine Gruppe von »mittelständischen« Berliner Bauunternehmern, die 1986 ein Stammkapital von sechs Millionen Mark für einen Radiosender zusammengetragen hatte, sich aber den Fernsehplänen ihres Geschäftsführers Schamoni mit Hinweis auf die kargen Mittel versagte. Als der daraufhin eigene Fernsehwege zu gehen begann, entschieden sich seine alten Mitgesellschafter hinterrücks anders.

Vor zwei Tagen veröffentlichte der Berliner Kabelrat eine Pressemitteilung über die Bewerber freiwerdender Funk- und Fernsehfrequenzen. Dort fand sich Schamoni mit einer internationalen Investorengruppe — der US-Medienkonzern Time/Warner soll dabei sein —, aber auch eine »Hundert,6-TV GmbH i.G.«. Deren Gründung kam in letzter Minute zustande. Von der Zusammensetzung der Gesellschafter wurde Schamoni überrascht: Hier tauchte der Münchner Burda-Verlag auf, der sich zuvor eigentlich für dessen Projekt interessiert hatte. Ein stiller Triumph für Schamoni dürfte indessen sein, daß der Frequenzantrag der Konkurrenz beim Kabelrat zu spät eintraf.

Hinter dem ehrgeizigen 100-Millionen-Mark-Projekt der Hundert,6-TV GmbH sollen nach Branchenvermutungen die Berliner Klingbeil-Gruppe und der Bauunternehmer Erich Marx stehen. Außerdem sollen Möbel-Hübner, die Büroausstatter Horn&Görwitz sowie Foto-Radio Wegert mit von der Partie sein. Die Klinbeil-Gruppe hatte jüngst von der Treuhand für 2,2 Milliarden Mark die Interhotel-Kette in Ostdeutschland erworben. Klingbeil-Geschäftsführer Klaus Groenke, der nach Aussagen seiner Partner als »extrem ehrgeizig und erfolgssüchtig« gilt, ist einflußreicher Gesellschafter bei der alten SMG des Radiosenders Hundert,6.

Schamoni wiederum hat für die Idee eines »internationalen Metropolensenders« den Medienkonzern aus Übersee gewonnen. Dessen Engagement ist ehrgeizig und soll den Informationen zufolge sowohl ein Fortführen des Sendezentrums Adlershof, als auch den Aufbau eines Filmzentrums auf dem Gelände der DEFA in Babelsberg beinhalten. Dieses Angebot dürfte für Berlin wie Brandenburg gleichmaßen interessant sein, gilt doch bislang einer der beiden Standorte als überflüssig.

Bis zur endgültigen Entscheidung für Schamoni oder seine ehemaligen Partner dürfte noch einige Zeit vergehen, denn zuvor müssen sich Berlin und Brandenburg noch über eine gemeinsame Landesmedienanstalt verständigen, die dann die jetzt beantragten Frequenzen vergibt. Auch steht noch nicht fest, ob der verspätete Antrag der Gruppe um Klingbeil vom Kabelrat anerkannt wird. Hannes Bahrmann, dpa/taz