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■ "Arbeiten Sie mit Gummi?" * Das erste Mal: Der flotte Dreier, Mittwoch, 22.50 Uhr, RTLplus

Es begann ja alles recht heiter. Unsere Erika im neuen, gänzlich mit Bettlaken drapierten Studio, ein chickes Klarsichttelefon zu ihrer Rechten und im Hintergrund jene aparte Bildtapete, von der ihr keusch verhüllte Schwänzchen links und rechts des Köpfchens baumelten. Und kaum hub die Kittelschürze der deutschen Schlafzimmer-Ekstase an, wie sehr sie sich freue, daß ihre Studiogäste aus den neuen Bundesländern kämen und sie ihr versichert hätten, daß sie „sich ganz doll liebhaben“, begann die Fernsehkritik als Glosse im Kopf Gestalt anzunehmen.

Doch was dann kam, war so grausam arm, daß man schon zu den ganz Abgebrühten gehören mußte, um darüber noch lachen zu können. Ein Home-Video, in dem ein fortschrittliches Swinger-Paar aus Thüringen stolz die eheliche Wohnung mit „rustikaler Eßecke, Wohnzimmer mit Spiegelwand“ vorstellte und anschließend einen gequälten Dreier in altdeutscher Polstergarnitur als Gipfel der freiheitlichen Lust zu verkaufen suchte.

Auch wenn Tante Erika anschließend, von sülzigen Streicherklängen untermalt, unablässig ihre bigotten Sprüche über Toleranz im Ehebett daherplapperte und ihr ein Anrufer mit der Erkenntnis zur Seite trat, daß wir „ja irgendwo in einer Gesellschaft leben, die sich verändert“, es wollte keine rechte Freude aufkommen. Und irgwendwann schien selbst der schnatternden Lust-Liesel die Tristesse ihrer Veranstaltung durch die ondulierte Rübe zu rauschen.

Verantwortsbewußt die Aids-Gefahr im Sinn, fragte sie die sächsischen Spaß-durch-Ekstase-Apostel: „Arbeitet ihr mit Gummi?“ Wie auch immer die weiteren Ausgaben der konsequenten RTL-Entscheidung, den begierig voyeuristischen Erika- Fans ab sofort nicht nur akustischen, sondern auch visuellen Schweinekram zu bieten, auch ausfallen mögen, diese Premiere empfahl sich nachhhaltig für Wiederholungen an allen staatlich verordneten Trauertagen bis über das Jahr 2000 hinaus. Wer doch noch verzweifelt nach Amüsanterem lechzte, kam nur per Telefon auf seine Kosten. Unter der gegen Ende eingeblendeten Nummer konnte man „Erikas Tip“ zum ausgefüllten Sexualleben einholen. Da empfahl die Schrankwand-Bovary dann per Band gegen Ehebettroutine ausgedehnte Spaziergänge, Kurzurlaube und Kinobesuche.

Und für all die, denen trotz emsigen Werbens das Glück in Form einer Partnerschaft bislang versagt blieb, gab's dann noch einen Rat in des Senders eigener Sache: Sie möchten sich doch bitteschön bei der „Brautschau“ bewerben, in der Ex- Beatclub-Animateuse Uschi Nerke allwöchentlich im RTL-Regional- Magazin Tele-West Paarungswillige zusammenführt.

So grausam kann Fernsehen sein. Reinhard Lüke