4 Jahre Krötenschluchzen

■ Betr.: Ampelkoalition

Als ich Anfang September nach mehrjährigem Auslandsaufenthalt nach Bremen zurückkam, war ich erstaunt: Überall, aus allen Mündern, ertönte eine massive Anti-SPD-Stimmung, mit der ich so nicht gerechnet hatte. Freundinnen, die „immer“ grün gewählt hatten, überlegten gar, zwecks Verpassens eines Denkzettels mal CDU zu wählen, um nicht über den „Steigbügelhalter“ die GRÜNEN die SPD-Suppe weiter am Köcheln zu halten. Nur bei den GRÜNEN selbst kam diese Stimmung nicht an. Auf der Wahlveranstaltung, wo es eigentlich um die Koalitionsfrage gehen sollte, wurde im Grunde nicht ernsthaft über, rot- grün debattiert, weil anschließend im grünen Lager fest mit einer satten SPD-Mehrheit gerechnet wurde. Als dann am Wahlabend selbst die SPD und ihr Spitzenkandidat eine für bundesrepublikanische Verhältnisse einmalige Schlappe einfuhr, erfuhr der Fehrnsehzuschauer von den grünen Spitzenleuten, daß sie nun — Hände an der Hosennaht — bereitstünden, dafür zu sorgen, daß alles beim alten bleiben kann. Kein Wort an die Adresse der SPD, Personal und Politik zu wechseln!

Stattdessen, endlich nach langen Jahren des Wartens, die rechnerische Möglichkeit, den Senat zu stellen. Und da wollte man und frau offenbar schnell zupacken, anstatt zu sehen, daß in der Stadt eine Kulturwende verlaungt wurde.

Mein Eindruck war, daß unvorbereitet und unerwartet der neuen Frage mit der alten Antwort begegnet wurde. „Na klar, rot-grün, was denn sonst.“

Nicht, daß ich einer Koalition mit der CDU oder einer großen Koalition das Wort reden möchte, aber beginnt man so — wie es die Grünen raten — Koalitionsverfahren mit denjenigen, die viele zu Einkehr und Änderung ihrer Politik zwingen wollten?

Die Verhandlungen selbst potenzierten dann nur noch, was von vornherein angelegt war. So hat die — zur Regierungsbildung gar nicht benötigte — FDP nicht nur 2 klassische Ressorts erhalten, sondern auch noch politisch ausweisbare Resultate ihres Taktierens erreicht. Die interessierte Öffentlichkeit konnte z. B. erfahren, daß die Stufenschule über nunmehr 5 Gymnasien ausgehebelt werden wird.

Von den GRÜNEN war — im Gegensatz zur FDP — weder vorher noch während noch hinterher zu erfahren, was sie eigentlich konkret erreichen wollten. Ich kann mir jedenfalls keinen Reim darauf machen, ob die GRÜNEN etwas in die Vereinbarungen einbringen konten, was ihre Wahl auch in Zukunft lohnt.

Können die Frauen mit dem neuen Namenschild ohne Geld und mit der neuen alten Senatorin „glücklich“ werden? Was wird Helga Trüpel mit ihrem einfluß- und mittellosen Misch- Masch anstellen? Sind die vielen „Umweltverträglichkeitsgutachten“ zur Außenweservertiefung etc. nicht Roßtäuscherei, wo doch jeder jetzt schon weiß, daß — egal, wie sie ausfallen — an diesen Fragen die früheren SenatorInnen nicht zurücktreten werden.

Wird es nicht auf 4 Jahre Kröten schluchzen sonst gar nichts hinauslaufen, auch wenn Klaus Wolschner den Begriff nicht mehr leiden mag? Und das alles — um beim Wolschner- Kommentar zu bleiben — damit ein „redegewandter Ralf Fücks „in die Umweltschutzministerrunde darf?!

Heinrich Lintze