: Standbild
■ Ost liebt West * "Elsa", Mittwoch, 20.15 Uhr, ARD
Der patriotische Theaterregisseur Giorgi aus Georgien erhält das Angebot, Wilhelm Tell in Deutschland zu inszenieren. Zwischen den Bankentürmen Frankfurts verliebt er sich in die gut situierte Modefotografin Elsa. Elsa ist die Schwester seines besten Freundes Temo. Und deren Vater starb an den Folgen der Inhaftierung in einem russischen Lager.
Die melodramatische Liebesgeschichte zwischen Giorgi und Elsa bildet den Hintergrund, vor dem die Konfrontation zweier Kulturen und Denkweisen, zwischen hochgespanntem Freiheitsdrang und moralischem Müßiggang vorgeführt wird. Giorgi steht für die ungebrochen nationalistische Liberation Georgiens. Elsa repräsentiert die karrierebewußte Westfrau, deren innere Leere am Ende durch ein Kind gefüllt wird.
Man spürt die Absicht, das Thema Kulturdifferenz möglichst vielschichtig zu beleuchten, und ist verstimmt über das plakative Abhaken der einzelnen Aspekte. Programmatische und steif vorgetragene Dialoge durchziehen den Film. So dienen die Theaterproben allzu demonstrativ nur dazu, verbale Dispute über unterschiedliche Auffassungen des Freiheitsbegriffs herbeizuführen. „Wo wären wir denn mit unserer Wiedervereinigung ohne die Russen?“ fragt Hermann, der den allzu schrillen Antikommunismus in der Inszenierung seines Freundes dämpfen will. Luftverpestung, Ozonloch und Terrorismus wurden schon auf dem Flughafen direkt nach der Ankunft en passant durchdiskutiert.
Auch die Gespräche, die immer wieder die Liebesaffäre unterbrechen, sind so papieren wie die Antworten eines Oberschülers, der zum Thema Vaterland interviewt wird. „Ich fühle mich als Europäerin“, sagt Elsa, als hätte sie nur darauf gewartet. Das Ganze zieht sich. Je nach angesagter Stimmung wechselt die Musik zwischen schicksalsschwangeren Schmalzgeigen und besinnlichen Chorälen. Giorgi als Giorgi changiert schwerfällig zwischen dem tiefsinnigen Brummbär und dem kleinen Jungen, der Westkonsumgüter wie eine Modelleisenbahn entdeckt. Hannelore Elsners brilliert im Powerplay neurotisch verletzbarer Weiblichkeit.
Als erste deutsch-georgische Koproduktion spielt die zweite Hälfte des Films in Georgien. Der Drehtermin wurde so gelegt, daß der Jahrestag einer blutig niedergeschlagenen Demonstration in Tbilissi/Georgien berücksichtigt wurde. Doch selbst eingefügte Dokumentaraufnahmen von Straßenschlachten geben dem Film nicht die Authentizität, um die er ringt. Was diesem melodramatischen Lehrstück in Sachen Völkerverständigung fehlt, ist die Portion Selbstironie, vor deren Brechung der gediegene Ernst bei der Umsetzung der georgischen Problematik nicht gar so mustergültig gewirkt hätte. Manfred Riepe
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