Große Koalition — „mit uns nicht“

■ SPD: Ja zur Ampel und zum Personal / Kröning fordert von Wedemeier Loyalität

Es war wohl das kollektive Erschrecken über die plötzlich aufgerissenen Gräben: Mit aller Ruhe, Sachlichkeit, etwas Resignation und großen Mehrheiten fand die SPD am Samstag zunächst zur Geschlossenheit zurück. Ampel ja, große Koalition auf keinen Fall, und das Personal der SPD mit etwas Zähneknirschen, so läßt sich der SPD-Landesparteitag zusammenfassen, der in der Vegesacker Strandlust knapp sieben Stunden brauchte, um die Ampel für eine gute Stunde zum Leuchten zu bringen.

Wenn in der SPD zu diesem Zeitpunkt überhaupt jemand die große Koalition wollte, so war er zu feige, dies zu sagen. „Kein Mitglied der Verhandlungskommission steht für eine große Koalition zur Verfügung“, sagte der kommisarische Vorsitzende Horst Isola, als er noch an die Ampel glaubte. Und so wurde dann zwar heftige Kritik an den Beschlüssen zur Bildungs- und Frauenpolitik geübt, doch letzlich hoben sich nur fünf Hände gegen den Ampel-Antrag des Vorstandes.

Nachdem die geschickte Parteitagsregie zunächst die große Einheit in der Sache hergestellt hatte, ging es in die mit Spannung erwartete Personaldiskussion. „Wir können nur Ja sagen, sonst stellen wir uns ins Abseits“, sagte der Delegierte Kurt Schuster, der auf dem Parteitag des Unterbezirkes Ost noch heftig gegen das SPD-Personal der Ampel polemisiert hatte. Und auch diesmal traf er mit seinen Worten die Stimmung im Saale.

„Ich bitte Euch: Akzeptiert die Gesamtliste“, hatte Bürgermeister Klaus Wedemeier gebeten. Und alle potentiellen SenatorInnen waren nach und nach noch einmal vor das Parteivolk getreten, um ihre Aufstellung zu rechfertigen. Insbesondere der von mehreren Seiten heftig angegriffene Henning Scherf hatte zu kämpfen. Sein letzes Argument für ein Verbleiben im Senat: „Ich will meine Kräfte einsetzen, damit wir weiter Hoffnungsträger der Bundes-SPD werden.“

Da wollte letzlich nur noch der Unterbezirk West „mehrheitlich“ an der Ablehnung der Liste festhalten, freilich ohne personelle Alternativen aufzuzeigen. Und so bekamen dann alle eine solide, absolute Mehrheit der 181 Stimmen. Einge weiniger (Beckmeyer: 113 ja, Scherf: 114 ja, Uhl: 118 ja, Lemke-Schulte: 120 ja), einige mehr (Irmgard Gaertner 128 ja, Wedemeier 133 ja.)

Am meisten Stimmen bekam einer, den Wedemeier ursprünglich gar nicht im Senat haben wollte und der in der Partei bis Samstag als ungeliebtes Kind galt. Volker Krüning erhielt mit 136 Stimmen das beste Ergebnis und darf ab sofort als Wedemeier- Kronprinz gelten. In seiner Rede hatte Kröning zuvor erklärt, daß er das Amt des Finanzsenators nur „in Loyalität zu den Koalitionspartnern und zum Bürgermeister“ ausführen könne und dann deutliche Worte in Richtung Wedemeier gefunden. „Diese Loyalitat erwarte ich auch umgekehrt. Loyalität ist eine Zweibahnstraße.“ Eine Stunde später waren die Ergebnisse des Parteitags Makulatur. Es darf neu gewürfelt werden.

hbk