■ GASTKOMMENTAR 97
: Schmierendarsteller

Staatsoperette 2. Teil. Diesmal nicht von Ilja Richter, sondern von 97 grünen Statisten. Man kündigt den Knaller des Jahres an, mobilisiert für einen Regierungswechsel, stellt eine Spitzenkandidatin auf, die sich zwei Jahre die Hacken von Veranstaltung zu Veranstaltung wundläuft mit dem erklärten Ziel, Kultursenatorin zu werden.

Erstaunlicherweise gewinnt sie eben mit dieser Absicht und Wahlaussage die Wahl; dann läßt man wochenlang verhandeln, und dann findet die Veranstaltung nicht statt, weil 97 Statisten es nicht so gemeint haben.

Eine Tragikomödie, ein kollektiver Selbstmord, über den die gesamte Republik nur lachen kann. 97 Statisten geben das bundespolitische Signal, daß die Grünen keine Partei, sondern ein Kindergarten sind, in dem Demokratie-Spiele per Losverfahren durchgeführt werden.

Ich freue mich schon auf die nächste Landtagswahl, wenn aus der Schar der 97 Kantinenspieler die nächsten Kandidaten gekürt und dann die Plakate geklebt werden: Wählt unsere Nullkandidaten! Wir sagen euch nicht, wer sie sind und was sie wollen, aber wählt die reine Lehre! Wählt uns, und seien's nur 0,1 Prozent! Wählt Nödeldödel.

Die Grünen sind angetreten für einen Regierungswechsel, Kandidatinnen und Kandidaten haben dafür die Verantwortung übernommen, haben gearbeitet, den Kopf hingehalten, haben im Auftrag der Partei verhandelt – und jetzt passiert das Schrecklichste, was einem Statisten passieren kann, jetzt müssen die Rollen in der Staatsoperette besetzt werden. In dem Moment bricht die Panik aus. Die Fähigkeit, sich selbst einzuschätzen und zu ertragen, daß jemand über Rasenschnittlänge rausgucken könnte – sprich die Rollen des Senators oder der Senatorin spielen darf, das ist die Katastrophe für den Kleindarsteller.

Dieses Theater kann nur zugemacht werden – oder aber es besinnt sich auf das, wofür es angetreten ist und läßt die Darsteller zu, die vorgesehen waren und vielleicht in der Lage sind, ihre Rollen zu spielen. Kultur, Jugend, Ausländer, Umwelt, das sind die Themen der Zukunft. Wenn diese Partei noch eine Zukunft haben will, sollte sie sich dieser Verantwortung stellen.

Wahlbetrug – sprich Verweigerung – aber sollte mit der Schließung der Schmiere und Entzug der Subvention – sprich Wahlkampferstattungskosten geahndet werden – Verarschen kann ich mich alleine. Aber vielleicht ist der Vorhang ja noch nicht endgültig gefallen. Norbert Kentrup