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VS observiert Skinhead-Szene

■ Verfassungsschutz interessiert sich nur für Skinheads, die rechtsextremistische Verhaltensmuster an den Tag legen

Berlin. Der Berliner Verfassungsschutz sammelt schon seit längerem Erkenntnisse darüber, ob die Skinheads in der Stadt mit nachrichtendienstlichen Mittel beobachtet werden sollen. Das bestätigte gestern Innenstaatssekretär Armin Jäger (CDU). Im Klartext bedeutet dies nichts anderes, als das Teile der auf mehrere hundert Personen geschätzen hiesigen Skinhead-Szene vom Verfassungsschutz schon jetzt observiert werden. Der Verfassungsschutz interessiert sich dabei jedoch nur für die Skinheads, die sogenannte »rechtsextremistische« Verhaltensmuster zeigen. Also für die, die mit einem ausländerfeindlichen Programm an die Öffentlichkeit treten und dabei verfassungswidrige Symbole benutzen. Skinheads, die mit Parolen wie »Ausländer raus« dumpf rassistisch auftreten sind per se hingegen kein Beobachtungsobjekt für den Verfassunggschutz. (siehe Interview)

Berlin liegt damit voll auf der Linie der Verfassungschutzämter in den übrigen Bundesländern. Auf einer VS-Tagung in der vergangenen Woche hatten sich die Chefs der Dienste darauf verständigt, daß die Skinheads mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden sollen, sofern sie rechtsextremistische Verhaltensmuster zeigen. Ob und wann die Observation in die Tat umgesetzt wird ist jedoch den einzelnen Bundesländern überlassen. Nur in den fünf neuen Bundesländern ist noch das Bundesamt zuständig.

Wie viele Skinheads es in der Stadt gibt, vermochte Innenstaatssekretär Jäger gestern nicht genau zu sagen. Die Mehrzahl der mehreren hundert Anhänger trete im Osteil der Stadt auf. Der Berliner VS hatte bereits in seinem im November vorgelegten Jahresbericht 1990 einen »dramatischen Anstieg von rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten ostdeutscher Skinheads« verzeichnet, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen. Im Gegensatz zu ihren westdeutschen Gesinnungsgenossen legten die Ostdeutschen Skinheads bei Krawallen »weit stärkere neonazistische Verhaltensmuster an den Tag« hieß es in dem Bericht. Die Berliner Polizei verzeichnete in den Monaten Juli bis September dieses Jahres insgesamt 114 Ermittlungsverfahren weges Verdachts der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole und 31 Verfahren wegen Volksverhetzung. Die Straftaten wegen Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole wurden zu einem erheblichen Teil im Zusammenhang mit Gewalttaten anläßlich von Fußballspielen begangen, erklärte Innensenator Heckelmann unlängst auf eine Kleine Anfrage.

Der Pressesprecher des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Lange, verwies darauf, daß Berlin in der Statistik der in diesem Jahr zwischen Januar und November verübten rechtsextremistischen Brandanschäge mit drei Anschlägen an vorletzter Stelle steht. An der Spitze läge Nordrhein-Westfalen mit 103 Anschlägen gefolgt von Niedersachsen (28) und Sachsen (20). Während in NRW 221 Körperverletzungen an Ausländern registriert wurden, seien in Sachsen 70 und in Berlin 18 Fälle gezählt worden. Plu

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