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Kein Kompromiß bei Steuerpaket

Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat sucht Einigung bei Mehrwertsteuererhöhung / SPD-Chef Björn Engholm fordert eine mehrjährige Sonderabgabe für Besserverdienende  ■ Aus Bonn Tissy Bruns

Ein dickes Paket lag auf dem Tisch des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat: Mehrwertsteuer, Familien- und Unternehmensentlastung, Länderstrukturhilfe. Nachdem die Bundesregierung mit ihrem Steueränderungsgesetz '92 und dem Strukturhilfegesetz im Bundesrat gescheitert war, werden seit gestern Kompromisse zwischen Regierung und Opposition gesucht. Unisono lehnten die SPD, der Parteivorsitzende Engholm wie die Ministerpräsidenten vor der Sitzung die Mehrwertsteuerhöhung von 14 auf 15 Prozent klar ab, während die Union erklärte: „Wir werden uns hier nicht erpressen lassen.“ Zur Sache ging es dann hinter verschlossenen Türen.

Und da sind die Fronten etwas komplizierter. Die umstrittene Mehrwertsteuererhöhung, mit der die Unternehmen entlastet und die per Verfassungsgerichtsurteil verlangten Familienleistungen finanziert werden sollen, würde nämlich den verarmten Bundesländern Geld bringen — auch den sozialdemokratisch regierten. Das klare Nein der SPD war deshalb zwischen Bundestagsfraktion und Länderchefs zunächst umstritten und steht auf schwachen Füßen. Sicher ist wohl nur, daß kein sozialdemokratischer Ministerpräsident einer Mehrwertsteuerhöhung zustimmen will, die vorrangig die Unternehmensentlastung finanziert.

Einigkeit allerdings bei dem, was die SPD zum Familienlastenausgleich fordert: statt der von der Koalition vorgesehenen Erhöhung der Steuerfreibeträge will die SPD die sozialere Lösung. Das Kindergeld soll deutlich erhöht werden, für das erste Kind auf 125 Mark. Deutlichen Widerspruch meldet die Opposition auch bei den Plänen zur Strukturhilfe zwischen den Ländern an. Während die Koalition das bisherige Strukturhilfemodell für die alten Länder schlicht aufheben will, verweisen die Finanzschwachen unter ihnen darauf, daß sie durch die deutsche Einheit nicht reicher geworden seien. Die neuen Bundesländer wiederum drängen darauf, daß der Fonds „Deutsche Einheit“ dauerhaft fortgeführt wird. Diesem Ansinnen steht nicht nur Finanzminister Theo Waigel reserviert gegenüber.

Höheres Kindergeld und eine dickere Finanzdecke für die Länder kosten in jedem Fall mehr Geld, das „die Steuerzahler“ aufbringen müsen. Denn auch die SPD hält eine höhere Neuverschuldung für falsch. Als Alternative zur Mehrwertsteuererhöhung forderte Björn Engholm eine mehrjährige Sonderabgabe für Besserverdienende. „Eine vernünftige Ausgestaltung der Einkommensteuer, sozial gestaffelt, ein Zuschlag für mehrere Jahre, insbesonere zur Finanzierung im Osten“, sei wirtschaftlich und sozial die bessere Lösung.

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