Dampfhammer an!

■ Gewummer, rechnergesteuert vom Band: Cassandra Complex im Aladin

Technik, richtig eingesetzt, kann aus einem musikalischen Konzept mehr herausholen als die MusikerInnen mit ihrem Spielvermögen allein. Frank Zappa ist ein gutes Beispiel dafür. Ein eher schlechtes ist Rodney Orpheus, Sänger und Kopf der Band Cassandra Complex, die am Montag im Aladin auftrat. Der mahnende Name der Kombo täuscht etwas über ihr Konzept hinweg, handelt es sich doch eher um Dampfhammer- Mitteilungen.

Licht aus! Rechner an! Dann eine gewaltige Ladung Kunstnebel. Heraus quellen Sequenzer- Cluster, die sich zu einem schweren Techno-Gewummere vereinigen. Dazu liefern die beiden Gitarren kaum wahrnehmbares Saitengeschrabbel und der Baß vom Band ein enervierendes Bum- Bum, das die Hosenbeine im Publikum zum Flattern bringt.

Als überflüssig erwies sich dabei der Drummer, der offensichtlich dachte, er sei ein Drum-Computer. Herr Orpheus mit dem feinen irischen Akzent und einem Kopfmikrophon, das ihm die Hände freihielt, bemühte sich ausdauernd, seinem Publikum einen Sangesstar zum Anfassen zu bieten. Die Kommunikation klappte aus akustischen Gründen jedoch nicht so recht, und die Hit- Wünsche seiner Fans vermochte er auch nicht zu erfüllen. Er mußte nämlich bekennen, daß das Rechner-Programm den Konzert- Ablauf bestimmte. Er sei sozusagen weisungsgebunden.

Daß überhaupt noch etwas Interessantes auf der Bühne abging, lag am Stimmvermögen Rodneys. Da sich über die Zeit der dull-dumpfe Rhythmus kaum änderte, mußte good old Rod changieren. Das ging so zwischen Joy Division und Soft Cell ab: Wenn quasi „Ian Curtis“ sang, war das Licht düster violett und blau, bei „Marc Almond“ war es hell in gelb und grün gehalten. Schön laut war's durchgängig.

Gegen Ende, kurz vor der Zugabe, kam dann ein längeres Stück, ohne Ansage und Titel, das sich so gar nicht in den rhythmischen Einheitsbrei einfügen wollte. Mit verfremdeter Stimme sang Orpheus zu komplexen Melodie-Mustern, die zum ersten Mal an diesem Abend auch Breaks aufwiesen und für Abwechslung sorgten. Doch danach folgte wieder Meterware. Daran änderten auch die flotteren Zugabensongs nicht, die sich nach soviel Technik vom Band ungewohnt lebendig anhörten.

Zu Beginn war da noch eine Band aus Cottbus. Sie hieß Sandow, hatte ohne Zweifel auch ihre Erfahrungen mit düsterer Weltuntergangs-Musik der achziger Jahre gemacht. Ein grundsolider Set mit viel Geschreie. Vielleicht einige Jahre zu spät. Cool J.F.