Ein dreiviertel Kessel Buntes

■ Stefan Gerhard würdigt die Jury-Entscheidung von »Rock News 91«

Fünfmal 10.000 Mark aus dem Portefeuille des Landes hat die Jury der »Rock News 91« unter den musikalischen Nachwuchs gebracht: Herr Blum, die Lemonbabies, Stan Red Fox, Taegk und die Voices of Neucoelln sind die Gewinner des 1991 zum vorläufig letzten Mal ausgerichteten Wettbewerbs der Senatsverwaltung für Kulturelle Angelegenheiten. Alle 15 der aus 248 Bewerbungen ausgewählten Bands dürfen zudem Aufnahmen im senatseigenen Beat-Studio machen.

Neben dem Sänger von Iron Henning, (eine der Gewinnerbands des vergangenen Jahrs), waren Musikjournalisten und Konzertveranstalter unter sich; das zehnköpfige Gremium ließ sich nicht vom Votum der Zuschauer irritieren, die am Ende von jedem der sechs Konzerte per Eintrittskarte ihrem Favoriten die Stimme geben durften. Sound Dominion, die Lemonbabies, Herr Blum, Taegk, No Solo und die Barawullo Band lagen hier vorn, worin sich auch die rührige Fanklub-Arbeit der Musiker ausdrückte.

No Solos erfrischender Marzahner Hiphop und die freundliche Weltmusik der Barawullo Band werden daher beim Konzert der Gewinnerbands im Loft leider nicht zu hören sein. Um die anderen von der Jury ausgewählten Bands ist es nicht schade: für klischeehafte Adaptionen von Gitarrenrock bis Synthie- Pop war auf dem Siegertreppchen kein Platz, und auch Rabatte für multimediale Betroffenheit und Hautfarbe wurden nicht gegeben.

Mit dem Abschlußkonzert am kommenden Sonntag ist der »Senatsrock« vorläufig am Ende. Der Berliner Klüngel aus Konzertveranstaltern, Medien- und Senatsvertretern trennt sich mit der Abschiedsvorstellung von einer Institution, mit deren Hilfe zumindest in den vergangenen Jahren hartnäckig ein Musikstil promotet wurde: Gitarrenrock — was Bands anderer Konfession vergrault haben mag. Wo waren beispielsweise Knochen-Girl, Trickbeat und Tom Scheutzlich?

Es scheint, als erreiche der Senat seine Klientel nur noch halb. Nach dem Verlust der Publikumswirksamkeit — früher war das große Quartier Latin bei den »Rock News«-Abenden gesteckt voll — hat man nun das Konzept des Sängerwettstreits für tot erklärt.

Bei einer Veranstaltung im Januar will man, wie es aus dem Büro des Rock-Beauftragten hieß, »mit allen Betroffenen« klären, wie sich die Zukunft der Förderung des musikalischen Nachwuchses gestalten soll. Mit mindestens einem Konzept will die Jury selbst wieder dabei sein.