„Wir wollen weitermachen“

■ Die Situation der Roma-Flüchtlinge in ihrem Protestcamp am Düsseldorfer Landtag wird unerträglich

Düsseldorf (taz) — Wir sind empört und verzweifelt“, sagte die Roma- Unterstützerin Dodo van Randenborgh aus Meerbusch gestern angesichts des Tages der Menschenrechte. Die Situation der für ein Bleiberecht protestierenden Roma am Düsseldorfer Landtag ist katastrophaler denn je. Seit fast einem halben Jahr hausen sie in Hütten und Zelten. Inzwischen gehen auch den deutschen UnterstützerInnen langsam Kräfte und Geld aus: Essen, Wasser und Toiletten für die Protestierenden können bald nicht mehr bezahlt werden. Kälte und Nässe machen Kinder und Erwachsene krank. Als Unterstützerin rate sie den Roma, so van Randenborgh, das Lager aufzugeben und andere Formen des Protests zu suchen. Die Roma selbst aber „wollen weitermachen“, sagte einer ihrer Sprecher, Bekir Temorowski, solange es „für uns keine Menschenrechte gibt“. 29 Familien harrten noch auf dem Platz aus, gab Temorowski an: 180 Personen, darunter etwa siebzig Kinder. „Zu Weihnachten sollen die Politiker uns das Geschenk machen, daß wir bleiben können.“ Für die Grünen erklärte Roland Appel, seine Partei lehne das Reintegrationsprogramm weiter strikt ab. Humanitäre Hilfe in Mazedonien für die dortigen Roma müsse unabhängig von Abschiebungen aus NRW gewährt werden. Derzeit werden NRW-Roma, die sich am sogenannten Reintegrationsprogramm der Landesregierung beteiligen, nach ihrer Rückkehr in Skopje materiell unterstützt, die übrigen ohne materielle Hilfe abgeschoben.

Die Grünen würden sich bemühen, sagte Appel, nach dem Vorbild der Stadt Erkrath Kommunen zu finden, die Roma-Familien im Rahmen der Einzelfallprüfung nach dem neuen Ausländergesetz aufnehmen würden. Der Rat der Stadt Erkrath hatte Mitte Oktober beschlossen, zehn Roma-Familien aufzunehmen, und Land und Bund aufgefordert, dieser Entscheidung zuzustimmen. Inzwischen verwies der nordrhein- westfälische Innenminister die Stadt auf das laufende Reintegrationsprogramm und das Ausländerrecht, nach dem keine Landesregierung mehr Gruppen von Flüchtlingen ohne Zustimmung des Bundes ein Bleiberecht gewähren kann, und umging damit die Frage der Einzelfallprüfung. Der Erkrather Beschluß bleibt so eine politische Willenserklärung, die der zuständigen Ausländerbehörde keine Handhabe gibt, Prüfungen zugunsten der Roma-Familien einzuleiten. Für die betroffenen Roma ein Teufelskreis.

Der Landeskirchenrat der Evangelischen Kirche im Rheinland, Jörn-Eric Gutheil, der des öfteren zwischen den Roma und der Landesregierung vermittelt hatte, forderte die Düsseldorfer Regierung auf zu erklären, was sie mit den Roma nach dem 31. Dezember 91 vorhabe. An diesem Tag läuft der Abschiebestopp ab. Bettina Markmeyer