GASTKOMMENTAR: Noch einmal gutgegangen?
■ Zum (hoffentlichen) Zustandekommen der Bremer Ampel
In einem wahnsinnigen Kraftakt und mit großer Entschlossenheit haben es die Bremer Grünen geschafft, binnen dreier Tage das Ruder herumzureißen und auf einer erneuten Landesversammlung die solide Mehrheit für die Ampel zustande zu bringen. Nahezu allen Akteuren stand Dienstag nacht die Erleichterung auf die Stirn geschrieben. Eines ist klar: Das sind nicht mehr die alten Grünen, die mit Gezänk und blockierender Streitunkultur viele reale Möglichkeiten selbst zerstörten. Also Grund zur Selbstberuhigung? Ganz und gar nicht.
In einer Einschätzung des letzten Sonnabends in Bremen hieß es, daß dort in einer langen, hitzigen Debatte zum Für und Wider der Ampel kein einziges bundespolitisches Argument eine Rolle gespielt habe. Geht die Ampel gut, und es bleibt bei grüner Kirchturmpolitik in Bremen, ist wieder viel zu viel verschenkt. Ein grüner Bundesvorstand, der per Sprecher die Bedeutung der Bremer Entscheidung auf Landespolitik reduziert, geht ebenso fehl wie die neuen Fans der „Ampel“ als Nonplusultra grüner Politik. Weder das Einschwören auf Rot-Grün pur noch irgendeine andere fixe Partnerschafts- und Koalitionsvariante als Modell für alle anderen erfaßt die eigentlichen Herausforderungen der nächsten Jahre. Antje Vollmers Worte „wie viele sozialdemokratische Parteien wir uns eigentlich noch leisten können“ passen zur neuen Selbstgenügsamkeit grüner Politik nach Neumünster: Bremen nicht als neues Modell, sondern als energischer und mutiger Versuch, am jeweiligen Ort konkreter Politik ein Maximum an Veränderung durchzusetzen und mitzubefördern, ist das wichtige Signal. Wenn die Einsicht hinzukommt, daß sich künftige grüne Bundespolitik, die mehr sein will als die Verlängerung der alten Ansätze, nicht auf die Summe je verschieden guter und erfolgreicher Landespolitiken reduzieren läßt, dann wäre eine Menge gewonnen. Wolfgang Templin
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