„Einfallstor“ nach Spanien geschlossen

Legalisierungsfrist für Einwanderer abgelaufen/ Mindestens die Hälfte hat weiterhin keine Papiere  ■ Aus Madrid Antje Bauer

Dutzende Marokkaner und Lateinamerikaner standen noch Dienstag nacht frierend vor dem Madrider Arbeitsministerium Schlange. Um Mitternacht lief die sechsmonatige Frist aus, die die sozialistische Regierung den illegal im Land lebenden Ausländern gegeben hatten, um sich um eine Aufenthaltsgenehmigung zu bemühen. 120.000 Ausländer hatten in dieser Zeit ihren Antrag gestellt — mindestens genauso viele werden seit dem gestrigen Dienstag Polizeikontrollen noch mehr fürchten als bisher, in den nächsten Wochen ist eine Welle von Abschiebungen zu erwarten.

Mit der neuen Schärfe gibt die spanische Regierung dem Druck nach, den die anderen Länder der Europäischen Gemeinschaft auf dieses „südliche Einfallstor der EG“ ausgeübt hatten. Da Spanien traditionell kein Einwanderland ist, war die Kontrolle über die Ausländer in den ersten Jahren der Demokratie eher lax gewesen.

1985 wurde ein verschärftes Ausländergesetz erlassen, um die Einreise vor allem von Marokkanern und Afrikanern ins Land zu kontrollieren. Im Mai dieses Jahres wurden die Bestimmungen dieses Gesetzes auf EG-Forderungen hin verschärft. Marokkaner und Tunesier benötigen seitdem ein Visum, dessen Erteilung an den Besitz hoher Geldsummen geknüpft ist.

Sechs Monate Zeit gab die Regierung den illegal im Land lebenden Ausländern, um ihre Situation zu legalisieren. Dafür mußten sie nachweisen, bereits vor dem 15. Mai im Lande gewesen zu sein und über einen Arbeitsvertrag zu verfügen.

Hierin bestand für viele Ausländer die größte Klippe: Die meisten arbeiten zu Mindestlöhnen und ohne Vertrag auf dem Bau, als Gärtner oder als Hausangestellte. Viele, vor allem Afrikaner, halten sich durch den Straßenverkauf von Blechschmuck und Musikkassetten über Wasser.

Immigrantenvereinigungen prangerten denn auch die Übergangsregelung der Regierung als Augenwischerei an, da ein Großteil der Illegalen über keine Möglichkeit verfüge, einen Arbeitsvertrag zu bekommen. Wie nicht anders zu erwarten, wurden in den vergangenen Tagen falsche Arbeitsverträge zu Höchstpreisen verkauft.

Die Regierung gibt sich zufrieden. 120.000 Ausländer sind legalisiert, der Rest wird nach und nach, wenn man ihrer habhaft wird, abgeschoben.

Das „Einfallstor“ nach Spanien ist geschlossen. Wer jetzt noch rein will auf der Flucht vor Armut und Misere, wird den Dienstboteneingang benutzen müssen — in einer Nußschale über die Meeresenge von Gibraltar, bedroht von reißenden Strudeln und den Patrouillenbooten der Guardia Civil.