Pakistan zieht für Investoren alle Register

■ Noch nutzen die schon unter der Regierung Bhutto angeleierten Wirtschaftsreformen den Armen nichts

Islamabad (dpa/taz) — Eitel Freude herrscht bei ausländischen Investoren in Pakistan: Alle Register, die hartes Geld ins Land bringen sollen, hat Pakistans industriefreundlicher Premierminister Nawas Sharif in den letzten Monaten gezogen. So dürfen jetzt ausländische Unternehmen 100 Prozent an Gemeinschaftsunternehmen halten; große Bereiche des staatlichen Sektors werden zum Verkauf angeboten, Importzölle drastischgesenkt. In den nächsten fünf Jahren, so die Vorstellungen der Regierung, soll sich das Industriewachstum verdoppeln.

Kaum ein Bereich der bisher unter dem erdrückenden Schutz des Staates stagnierenden Wirtschaft soll vom Wandel verschont bleiben. Mehrere staatliche Banken werden privatisiert. Die Bürger können künftig ein Devisenkonto eröffnen. Sogar das oft aus dunklen Quellen stammende Schwarzgeld, von dem etwa 250 Milliarden Rupien (rund 17,6 Mrd. Mark) im Lande kursieren, darf „gewaschen“ werden, wenn es anschließend etwa in Ausbildungsprojekte fließt. Aus der Stahl- und Stromproduktion, selbst aus der Telekommunikation zieht sich der Staat zurück. In zwölf Exportzonen mit weitgehender Steuerfreiheit soll für den devisenträchtigen Export produziert werden.

Auf einer Mitte November veranstalteten Investitionskonferenz in Islamabad, an der vor allem investitionswillige Auslandspakistaner teilnahmen, gab es zufriedene Gesichter. Laut Presseberichten soll es Investitionszusagen über umgerechnet 1,6 Milliarden Mark geben — auch von großen japanischen und US- amerikanischen Firmen wie Suzuki und Phoenix. Inzwischen hat auch die Weltbank 224 Millionen Mark Kreditgelder freigegeben, die wegen des unverändert hohen Haushaltsdefizits zurückgehalten worden waren. Das Budgetdefizit ist gesunken, die Kontrolle der umlaufenden Geldmenge wurde verschärft, der staatlich festgelegte Wechselkurs nähert sich allmählich realistischen Werten an. Doch die Inflationsrate liegt mit rund 16 Prozent — offiziell der Hälfte — zu hoch, um die Lebenshaltungskosten für die 115 Millionen Menschen erschwinglich zu halten. Für eine Bevölkerung, die mit jährlich drei Prozent weltweit am schnellsten wächst, reicht auch eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um fünf Prozent nicht aus.

Nach wie vor verschlingt der Militärhaushalt doppelt so viel Geld, wie dem staatlichen Gesundheits- und Erziehungswesen zur Verfügung steht. Das durchschnittliche Jahreseinkommen von 8.468 Rupien (584 DM) reicht kaum zum Überleben; dabei wird die Schere zwischen Arm und Reich zusehends größer. Die Landwirtschaft wird noch immer nicht besteuert. Der Grund: Die davon profitierenden Großgrundbesitzer stellen 70 Prozent der Parlamentsabgeordneten.