Schwarzarbeit mit Reue

■ Scheininhaber von Schwarzarbeiterfirma zu anderthalb Jahren auf Bewährung

Am Werkstor bei Daimler war das ganze Verfahren aufgeflogen. Da standen die Bremer Steuerfahnder 1986, nachdem sie einen anonymen Hinweis bekommen hatten, und kontrollierten die Passierscheine. Einige Schwarzarbeiter, die dort in Halle 8 eine Trockenanlage montierten, konnten sie so herausfiltern. Ohne Steuern oder Sozialabgaben zu bezahlen, arbeiteten sie über einen Subunternehmer, die Firma MaRo (Maschinen-und Rohrleitungsinstallation GmbH) auf der Baustelle bei Daimler.

Deren Inhaber M. aus Achim hatte sich aus der Verantwortung gestohlen: Er hatte seinen Vorarbeiter, den Schlosser Klaus-Dieter S., zu einer Firmengründung überredet. S. sollte den begehrten Auftrag ausführen und die Arbeiter anheuern. Den ganzen „Schreibkram“ würden M. und sein Steuerberater übernehmen. Daß die Hilfsarbeiter brutto für netto arbeiteten, daß sie fingierte Adressen angaben — das will S. nicht gewußt haben. Das sagte er jedenfalls vor dem Bremer Amtsrichter Friedrich Wulf aus, denn am Mittwoch mußte er sich wegen Abgabenbetruges und Steuerhinterziehung verantworten.

Er hatte sich naiv auf das Unternehmen eingelassen: 100.000 Mark sollten am Ende für ihn dabei rausspringen. Ein schöner Batzen Geld für einen Mann, der als pleitegegangener Kneipier bereits einen Offenbarungseid geleistet hatte. Deshalb hatte er die Firma auch nur auf den Namen seiner ahnungslosen Ehefrau anmelden können. „Tausend mal hab ich das bereut“, erklärte er jetzt vor dem Bremer Schöffengericht. Denn de facto kamen bei dem Unternehmen nur die gescheiterte Ehe, fünf Jahre untätiges Warten auf den Prozeß und jetzt schließlich eine anderthalbjährige Bewährungsstrafe.

84 Arbeiter hatte S. für den Auftrag angeheuert, zum Teil in einer Kneipe. Manche davon nur für einen Tag. 18 Mark Stundenlohn gab MaRo-Chef M. seinem Ex-Facharbeiter S. für sie. Der zahlte die Löhne aus. Die Quittungen hatte Ehefrau S. blanko unterschrieben und brav abgeheftet. Dies war die einzige „Buchführung“ in ihrer Firma und später Grundlage für die Schätzungen der Steuerfahnder.

In den fünf Monaten ihres Bestehens sind in der Firma bei 195.000 Mark ausgezahlten Löhnen nicht gezahlt worden: 43.000 Mark Sozialabgaben, rund 32.000 Mark Lohnsteuer, knapp 49.000 Mark Umsatzsteuer sowie rund 53.000 Mark Einkommensteuer. Gegen den eigentlichen Drahtzieher, MaRo-Inhaber M., wird in Verden ermittelt. Mittlerweile, so mutmaßte Richter Wulf, müsse jedem klar sein, daß brutto für netto nur arbeite, wer noch andere Einkünfte habe.

Als die Bürgerschaft im Juni über illegale Arbeit debattierte, wurde der Steuerverlust für Bremen noch auf 200 Millionen, vom Präses der Handwerkskammer gar auf 320 Millionen Mark geschätzt. Die Antwort des Senats auf eine große Anfrage der CDU zu den Schäden aus solcher Wirtschaftskriminalität steht noch aus.

Bis zum 30.11. waren beim Bremer Arbeitsamt 5.912 Fälle von „illegaler“ Arbeit (trotz Leistungsbezug) registriert, davon die meisten im Bereich von „Vergeßlichkeit“ — wenn ein Arbeitsverhältnis verspätet angegeben wird. Eigentliche Schwarzarbeit sind davon nur rund 2.000 Fälle, davon 800 so schwerwiegend, daß die Staatsanwaltschaft ermittelt. Und die sieht in monatelanger illegaler Arbeit kein Kavaliersdelikt und verhängt saftige Haftstrafen. ra