: Haben Sie zuviel Geld?
■ Raumbefeuchter: Teuer, häßlich und überflüssig
Berlin. Mit einem Kratzen im Hals geht es los, dann folgen Kopfschmerzen. Nicht immer ist der Suff an solchen Beschwerden schuld, es kann auch zu trockene Luft sein. Gerade im Winter vermissen viele die nötige Feuchtigkeit und wenden sich den Raumluftbefeuchtern zu.
Doch wer glaubt, daß es sich nach wie vor um Keramikröhrchen handelt, die wassergefüllt an der Heizung baumeln, sieht sich getäuscht: Bis zu 400 Mark kosten die elektrischen Geräte, die ihr Wasser auch ganz allein erhitzen und so zum Verdampfen bringen können. Arbeit machen sie trotzdem: Die reinen Verdunster müssen ständig gereinigt werden, chemische Stoffe im Wasser sollen das Verfaulen zu einer übelriechenden Brühe verhindern. Die Verdampfer verbrauchen nach Meinung der Stiftung Warentest vor allem zuviel Strom. Mit »formschön integriertem Wasserreservoir« und »Rundlauf-Ventilator« kommen Luxusmodelle auf eine Größe bis zu 50 Zentimetern, um auch im Sommer »für Ihre Gesundheit« und »gegen welke Haut« arbeiten zu können.
Dabei haben sich die Käufer der so angepriesenen Stücke zuvor so eine Mühe gegeben, die Feuchtigkeit für viel Geld loszuwerden: Der gute Kunststoff-Velours-Teppich kann nichts speichern, die Acryl- Tapete und der Kunststoff-Schreibtisch ebensowenig. Und wo kämen wir hin, wenn wir noch nicht die absolut dichten Plastik-Fensterrahmen hätten?
Peter Dirk, Wohnberater in der Berliner Verbraucherzentrale, kann da nur den Kopf schütteln: »Ein Teppich aus Schurwolle kann bis zu einem Drittel seines eigenen Gewichts an Feuchtigkeit aufnehmen, die er bei trockener Luft von alleine wieder abgibt.« Jedes Möbelstück aus Holz verfüge über Speicherkapazität, erst recht Rauhfasertapete, die kleine Holzstückchen beinhalte. Und »den normalen Luftaustausch atmender Holzrahmen« empfindet er nicht als veraltet, sondern als ausgesprochen gesund. »Wer sich einigermaßen sinnvoll einrichtet, braucht einfach keinen Luftbefeuchter.«
Zudem ist die Gefahr zu trockener Luft beileibe nicht so groß, wie einen die Werbung glauben machen möchte. Denn sollte durchs Kochen oder Waschen einmal Feuchtigkeit in der Luft modern gestylter und speicherunfähiger Wohnungen sein, dann zieht schon bald der Schimmelpilz als Untermieter ein.
Die Raumluft braucht also Speicher, die den Pegel regeln, nicht vollautomatisch steigern. Heike van Laak, Sprecherin der Stiftung Warentest, bringt ihre Meinung über diese Errungenschaft der modernen Industriegesellschaft auf den Punkt: »Luftbefeuchter? Die taugen nichts.« Christian Arns
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