Rushdie läßt sich in New York feiern

New York (wps/taz) — Es wäre einer dieser typischen Festakte mit Lobeshymnen auf die Presse- und Redefreiheit geworden — doch als der Überraschungsgast eintraf, hielten die 400 geladenen Gäste in der New Yorker Columbia University den Atem an. Salman Rushdie, zu dessen Ermordung die iranische Regierung seit dem Erscheinen seines Buches Die satanischen Verse alle Moslems aufgerufen hat, stand plötzlich mitten im Saal. Erstmals seit dem Todesurteil der Mullahs hatte er es gewagt, England zu verlassen, wo er sich an wechselnden Orten versteckt hält. Die Anwesenden quittierten sein Auftreten mit Standing Ovations — eine eindrucksvollere Demonstration anläßlich des 200. Geburtstages für das „First Amendment“ hätte man sich nicht wünschen können. Jener Zusatzartikel zur US-Verfassung garantiert unter anderem die Presse- und Redefreiheit, von der Rushdie an diesem Mittwoch abend reichlich Gebrauch machte. Er verurteilte vehement die fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen im Iran und erklärte, er werde nicht aufgeben, auch wenn „ich für manche Leute aufgehört habe, als menschliches Wesen zu existieren“. Der Schriftsteller kündigte an, daß die Satanischen Verse demnächst als Taschenbuch erscheinen werden. Er habe nie bereut, das Buch geschrieben zu haben. anb