CSFR: „Kommunismus ist gleich Faschismus“

■ Gesetz gegen Schürung von Rassen- und Klassenhaß

Prag (taz) — Die Propagierung des Kommunismus kann in der Tschechoslowakei in Zukunft mit Haftstrafen zwischen einem und acht Jahren bestraft werden. Dies beschloß die Prager Föderalversammlung mit der knappen Mehrheit der Stimmen der konservativen und christdemokratischen Parteien. Abgelehnt wurde das Gesetz von kommunistischen und nationalistischen Parlamentariern, die Abgeordneten der liberalen Bürgerbewegung enthielten sich. Mit der Novellierung des Strafgesetzbuches wird die kommunistische der faschistischen Ideologie gleichstellt. Schließlich, so die Befürworter, sei der Kommunismus in seinem Wesen nichts anderes als der Faschismus. In der Zahl der Opfer würde er ihn wahrscheinlich sogar übertreffen. Voraussetzung für ein Urteil ist jedoch der „individuelle Nachweis, daß für eine Bewegung, die die Menschenrechte unterdrückt beziehungsweise Rassen-, Klassen-, nationalen oder religiösen Haß schürt, geworben wurde“. Genau an dieser Stelle liegen nach Ansicht der Gegner aber auch die Probleme der zukünftigen Anwendung des Gesetzes. Aufgabe der Richter wird es sein, zu entscheiden, was als „Propagierung von Klassenhaß“ gelten kann, und was nicht. So stellte die ehemalige Parteizeitung 'Rude pravo‘ in einem Kommentar süffisant die Frage, ob nun auch die Journalisten des 'Wall Street Journal‘, die vor kurzem einige Gedanken von Karl Marx verteidigt hatten, unter die Bestimmungen des Gesetzes fallen würden. Eine Niederlage erlitten haben all diejenigen, die wie der stellvertretende Ministerpräsident Pavel Rychetsky eine „Aufarbeitung“ und nicht die „Abrechnung“ mit der Vergangenheit fordern. Die Kommunistische Partei selbst sieht die Neuformulierung des Paragraphen als ersten Schritt auf dem Weg zum endgültigen Verbot ihrer Partei. Der Vorsitzende der KP, der Regisseur Jiri Svoboda, verkündete, daß er ab sofort in einen unbefristeten Hungerstreik trete. An seinem Jackett befestigte er einen roten Judenstern mit der deutschen Aufzeichnung: „Ich bin Kommunist.“ Sabine Herre