THE DAY AFTER

■ Kroatien probt für eine neue touristische Saison an der nördlichen Adriaküste

Kroatien probt für eine neue touristische Saison an der nördlichen Adriaküste

VONEDITHKRESTA

„Istrien, erholsam wie immer, preiswert wie nie zuvor“, nämlich schlichte 99 Mark für „eine Woche mit Halbpension und vielen Extras“. Darüber hinaus „ein Kind bis 11 Jahre gratis“. Der Werbehit von Bemex-Tours, Tour-Operator für die kroatischen Clubangebote, kommt fast wie ein schlechter Witz daher. Denn selbst der Kabinettsvorsitzende Kroatiens für Tourismus, Zeljko Toncinic, weiß, „Krieg und Tourismus sind nicht zu vereinbaren“. Doch das grotesk anmutende Angebot ist durchaus ernst gemeint und gilt bis zum 6. Juni 1992.

Istrien und Kvarner Bucht sind die nördlichsten Küstengebiete Kroatiens. Sie sind von Krieg und Zerstörung verschont geblieben und verfügen über rund 60 Prozent der touristischen Gesamtkapazität des Landes. Istrien böte absolute Sicherheit, so Toncinic auf einer Pressekonferenz anläßlich der Touristikmesse in Leipzig, eine Libanonisierung dieser Region sei nicht zu befürchten. Dieses Gebiet sei der „touristische Hoffnungsträger der Zukunft“, denn in anderen Zielgebieten wie dem Nationalparkgebiet Plitvicer Seen oder Dubrovnik wurden starke Zerstörungen angerichtet.

Bis Ende September dieses Jahres ging die Touristenzahl in Kroatien auf 10 Prozent des Vorjahres zurück. Gegenüber 32 Millionen 1990 kamen bis Ende September 1991 nur rund 3 Millionen ausländische Besucher an die Adriaküste. Ein enormer wirtschaftlicher Verlust. Während man 1990 über 1,3 Milliarden Dollar mit dem Tourismus erwirtschaftet hätte, läge man 1991 höchstenfalls etwas über 100 Millionen Dollar, erläuterte Toncinic die negative wirtschaftliche Bilanz. Um den Tourismus wieder aufzubauen, benötige man „ordentliche wirtschaftliche Hilfe“ und natürlich ein „gutes Marketing“. Doch darin sei man berufsbedingter Optimist, so Josip Folo, Marketingdirektor aus Istrien. Er betonte, daß es im Moment keine Versorgungsengpässe für verwöhnte Touristen gäbe. Außerdem, so Folo, würde die landwirtschaftliche Kapazität Istriens verstärkt genutzt.

Wenn keiner hinfährt, und das ist der Fall, gibt es auch keine Versorgungsprobleme. Doch die kroatischen Tourismusmanager sprechen für die Zukunft, und da hoffen sie, den Imageverlust durch Krieg und Zerstörung in den Köpfen der ausländischen Gäste schnell wieder wettmachen zu können, mit Formeln wie „Privatisierung und Qualitätssteigerung“. Der kroatische Tourismus wird seit Sommer '91 nicht mehr durch den jugoslawischen touristischen Verband vertreten. Im September dieses Jahres wurde die erste selbständige ausländische Vertretung in Frankfurt eröffnet.

Für 1992 sahen die Vertreter Kroatiens allerdings noch „keinen Grund zum Optimismus“. Doch die Vorbereitungen auf den „day after“, das Ende des Krieges, laufen, wie das istrische Supersonderangebot zeigt. Und auch nicht alle Touristen lassen sich vom Krieg schrecken. Für Weihnachten und Silvester, bemerkte Folo, lägen schon viele Nachfragen von italienischen Veranstaltern vor.

Bemex-Tours, Rumfordstr. 5, 8000 München 5. Telefon: 089/2609536