EWR-Vertrag verstößt gegen EG-Recht

Brüssel (dpa/taz) — Der Vertrag über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verstößt nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes gegen geltendes EG-Recht. Nach Informationen aus Brüsseler Diplomatenkreisen sind die Luxemburger Richter in einem Gutachten zu dieser Ansicht gelangt, daß der institutionelle Aufbau der EWR teilweise nicht mit dem EG-Recht vereinbar ist. Dies trifft vor allem auf die in dem Vertrag vorgesehene gemeinsame Kammer aus EG- und EFTA- Richtern zu, in der EWR-Rechtsstreitigkeiten entschieden werden sollten. In diesem Punkt könne auch nicht nachverhandelt werden, da eine solche Instanz laut Gutachten keineswegs rechtens ist. Für die Durchsetzung von EG-Gesetzen sei nur der Europäische Gerichtshof zuständig. Die EG-Kommission, die beim EWR-Vertrag auf juristische Zweckkonstruktionen setzte, muß damit eine kräftige Blamage einstecken.

Die EG-Staaten dürften den EWR-Vertrag damit noch einmal nachverhandeln müssen. Der juristische Streit um eine EWR-Gerichtsbarkeit hatte sich an der Frage entzündet, ob sich der Europäische Gerichtshof dessen Rechtsprechung anschließen müsse und ob die Unabhängigkeit der dort sitzenden EG- Richter gewährleistet sei. Da die EWR-Instanz Streitigkeiten zwischen EG-Kommission und EFTA schlichten muß, sahen Rechtsexperten die Kompetenz der Luxemburger Richter als eingeschränkt an. Insbesondere die Schweiz hatte auf dem EWR-Gerichtshof bestanden. In den EFTA-Staaten war gestern zu hören, die Entscheidung würde lediglich die Beitrittsverhandlungen zur EG beschleunigen.

Das Abkommen über den weltgrößten Wirtschaftsraum mit 375 Millionen Verbrauchern vom Nordkap bis Sizilien war nach zweijährigen Verhandlungen zwischen der EG und den Staaten der Europäischen Freihandelszone (EFTA) zustande gekommen. es