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„Kein Verkauf an Ausländer“

■ Sonderbehandlung für türkische Werder-Fans / Willi Lemke: Die UEFA will es so

„Kein Verkauf an Ausländer“ steht im Kartencomputer des Verkehrsvereins. „Sowas ist mir noch nie vorgekommen“, meint die Angestellte des Bremer Verkehrsvereins, „das ist diskriminierend.“ — „Viele haben gefragt, warum das so sein soll“, berichtet die Angestellte in er Kartenvorverkaufsstelle des Reisebüros Scharnow und gibt dann gleich die Antwort: „Werder muß die Fans wohl getrennt halten.“

Die Rede ist vom Kartenvorverkauf für das Europa-Pokal Spiel gegen Galatasaray Istanbul Anfang März nächsten Jahres. Für dieses Spiel hat die Werder- Geschäftsstelle eine bislang einmalige Order an alle Kartenvorverkaufsstellen herausgegeben: „Der Verkauf dieser Karten muß ausschließlich an deutsche Besucher erfolgen“, heißt es in dem Schreiben. Und: „Bei Zuwiderhandlung gefährden Sie den Status Ihrer Vorverkaufsstelle.“

Die harschen Worte begründet Werder-Manager Willi Lemke mit den Auflagen, die der europäische Fußball-Verband UEFA den Bremer macht. Danach ist das Spiel Werder gegen Istanbul ein Spiel mit „erhöhtem Risiko“, weil „zu erwarten steht“, daß eine große Anzahl von in Deutschland lebenden Landsleuten der Gastmannschaft in das Weser Stadion kommen wird. Nach dem Massentod im Brüsseler Heysel-Stadion, wo vor Jahren mehr als 30 Menschen starben, sind die Sicherheitsauflagen „unheimlich verschärft worden“, erinnert Lemke. Wer die Werder-Maßnahme als ein Zeichen von Ausländerfeindlichkeit interpretiert, fällt deshalb für Lemke in die „Kategorie aua, aua.“

In der Tat hat Werder dafür gesorgt, daß türkischen Besuchern aus der BRD weit mehr als die vorgeschriebenen 4.000 Karten zur Verfügung stehen. Erst stellte Werder 13.000 Karten zur Verfügung. Nachdem die Nachfrage von Türken „riesig“, die von deutschen Werder-Fans aber eher zurückhaltend war, hat Lemke noch einmal 2.000 Karten draufgepackt. Bei 32.000 zur Verfügung stehenden Karten können die türkischen Besucher das Spiel zu einem Heimspiel für ihre Mannschaft umfunktionieren.

Die ausländischen Fans werden allerdings streng getrennt in der Westkurve und Teilen der Nordtribüne untergebracht. Und diese Karten gibt es nicht bei den normalen Vorverkaufsstellen, sondern nur in der Werder-Geschäftsstelle. „Das wird das Spiel mit dem größten Aufgebot an Ordnern und Polizisten“, sagt Lemke. Da müsse Werder auch den Vorverkauf ganz strikt kontrollieren. Die bekanntermaßen friedlichen türkischen Fans machen Lemke dabei wenig Sorgen, aber: „Legen Sie für deutsche Hooligans die Hand ins Feuer?“ Und noch etwas anderes treibt Werder-Willi um. „Was ist, wenn türkische Kurden mit Transparenten auf das Spielfeld laufen? Das Spiel wird schließlich europaweit übertragen.“

Und wenn ein türkischer Werder- Fan seinen üblichen Platz in der Ostkurve haben will, was dann? Der soll seinen Wunsch in der Werder-Geschäftsstelle bekanntmachen. „Wenn der einen grün- weißen Schal trägt oder Werder- Mitglied ist, geht das klar.“ Und um jedem Geruch von Ausländerfeindlichkeit zu entgehen, verspricht der Werder-Manager ein großes deutsch-türkische Freundschaftsfest vor dem Spiel. Lemke: „Aber im Stadion herrscht die Hausordnung der UEFA.“ hbk

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