Über die Oberbaumbrücke soll die Tram fahren

■ SPD fordert statt vier Autospuren Platz für die Straßenbahn/ Verkehrssenator Herwig Haase soll Tram-Konzept nachbessern

Kreuzberg. Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) muß seine Pläne zur Oberbaumbrücke »nachbessern«. Der Senator wollte die Brücke ursprünglich nur für Autos öffnen, die dann auf vier Spuren die Spree überqueren sollten. Doch die SPD- und die CDU-Fraktion haben in der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses den Senator beauftragt, zu überprüfen, ob man die Brücke für die Straßenbahn öffnen könne. Besonders die SPD drängt darauf, daß die Tram auch über die Oberbaumbrücke geführt werden soll.

Die Oberbaumbrücke ist nach den Plänen des Verkehrssenators Teil eines Innenstadtringes, auf dem der Autoverkehr das Zentrum umfahren soll. Dieser Ring über die Invalidenstraße, Dimitroffstraße, Warschauer Straße und Skalitzer Straße müßte neben dem geplanten Nord- Süd-Autotunnel auch noch an der Bernauer Straße und der Oberbaumbrücke geschlossen werden.

Der SPD-Kreisverband Kreuzberg hält dagegen zwei Autospuren auf der Brücke für ausreichend. Nur an ihren beiden Enden sollte es extra Abbiegespuren geben, meint Peter Strieder, Vorsitzender des Kreisverbandes. Der Kandidat für das Amt des Kreuzberger Bezirksbürgermeisters befürchtet, daß auf Haases Straßenring in drei Jahren niemand »auch nur noch einen Meter« vorankommen werde. Der Dauerstau sei nur zu verhindern, wenn die Stadt innerhalb des Asphaltgürtels für Autofahrer unattraktiv werde. Es müssen Tempo 30 gelten, Busspuren eingerichtet und Magistralen rückgebaut werden. Die Straßenbahnlinie 3 und 4 müsse von der Warschauer Straße bis zum U-Bahnhof Schlesisches Tor verlängert werden.

Hans Schnoor, persönlicher Referent des Verkehrssenators, setzt dagegen weiterhin auf vierspurigen Beton auf der Brücke, die Kreuzberg und Friedrichshain miteinander verbindet. Prognosen gebe es nicht, aber ein Ausbau des Innenstadtringes sei durchaus begründet. Mit der geplanten Verlängerung der U-Bahn- Linie 1 vom Schlesischen Tor zur S- Bahn-Station Warschauer Straße würde auch im öffentlichen Nahverkehr eine wichtige Verbindung hergestellt. Wie der Autoverkehr fließen könnte, wenn über die Brücke auch die Tram fährt, sei seines Wissens nach nicht untersucht worden, gibt der Referent des Verkehrssenators zu.

Die »Arbeitsgemeinschaft Straßenbahn« kritisiert jedoch, daß allein die U-Bahn-Linie verlängert werden soll. Das Bündnis aus sechs Verkehrsinitiativen, darunter BUND und VCD, will ebenfalls, daß auf der Oberbaumbrücke Schienen für die Tram gelegt werden. Denn das Umsteigen zwischen U-, S-Bahn und Tram an der Warschauer Straße sei mit sehr weiten Wegen verbunden, weil die geplante Endstation der U- Bahn-Linie 1 südlich der Warschauer Brücke, der S-Bahnhof in der Mitte und die Straßenbahnhaltestelle nördlich liegen. Außerdem koste die Verlängerung der U-Bahn sehr viel Geld und würde vermutlich erst im nächsten Jahrtausend realisiert sein. Mit der Fertigstellung der Oberbaumbrücke innerhalb der nächsten beiden Jahre könne jedoch auch die Straßenbahn über die Spree rollen.

Die Arbeitsgemeinschaft befürchtet, daß täglich 60.000 bis 80.000 Autos durch Kreuzberg sausen würden, wenn die Oberbaumbrücke vierspurig ausgebaut wird. »Lärm, Abgase und Unfallgefahren würden eine neue Mauer durch den Kiez ziehen — diesmal aus Blech«, prophezeit die BI Westtangente. Dirk Wildt