»In diesem Amt ist er untragbar«

■ Hermann-Hollerith-Oberschule in Steglitz: Schüler und Lehrer beklagen sich über die »unerträgliche Atmosphäre«, die der umstrittene Schulleiter Hansjörg Ebert dort verbreitet

Steglitz. Schulpause in der Hermann-Hollerith-Oberschule, in der vor drei Wochen ein Schüler den Schulleiter Hansjörg Ebert mit dem Messer angegriffen hat. »Laß uns vors Tor gehen, sonst zeigt der Schulleiter dich gleich wegen Hausfriedensbruch an«, raunt die Schulsprecherin Samra Awad, die einen großen Wunsch hat: »daß der Ebert mit mir von der Schule abgeht«. Sie ist die Sprecherin einer Gruppe von Schülern, die gegen ihren Schulleiter mobil machen. Die Atmosphäre, die er verbreite, werde immer unerträglicher.

»Das Klima, das Ebert hier an der Schule produziert, ist sicher mitverantwortlich für den Vorfall«, sagt auch eine Lehrerin. »Er provoziert immer wieder mit ausländerfeindlichen Sprüchen.« »Der Vorfall« ist Thema Nummer 1 und Synonym für den Angriff des 17jährigen Schülers Cem gegen den Schulleiter. Als Ebert ihn vom Unterricht beurlauben wollte, weil einige Lehrer sich von ihm bedroht gefühlt hatten, drehte der 17jährige durch und ging mit dem Messer auf den Direktor los. Die Schulsprecherin kam hinzu und trennte die beiden. Der türkische Schüler sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Ebert reagierte mit zwei heftigen Briefen auf den Vorfall (wir berichteten). Darin beschuldigt er unter anderem die Schulsprecherin, Unterschriften für die Freilassung Cems zu sammeln. Mündlich legte er ihr nahe, ihr Amt niederzulegen. Anderenfalls werde er sie von deutschen Schülern abwählen lassen. »Ich habe keine Unterschriften für die Freilassung gesammelt. Wir wollten Cem nur vermitteln, daß wir noch für ihn da sind«, sagt Samra.

Ihre Stellvertreterin kommt seit dem »Vorfall« gar nicht mehr zur Schule. Der Direktor habe sie wegen ihrer Freundschaft zu einem Türken dermaßen persönlich beleidigt, daß sie vorzeitig abgehen wird: »Ich halte dem Druck nicht mehr stand.« Wie die meisten anderen ist sie nicht so offensiv wie Samra. Die Einschüchterung vieler ist ebenso offensichtlich wie begründet. Einigen Schülern hat Ebert bereits Verleumdungsklagen angedroht. »Ich habe erzählt, daß er gesagt hat, die Ausländer sind die ersten, die fliegen«, erzählt eine Klassensprecherin. »Jetzt streitet er das ab.« Ein anderer behauptet, Ebert habe im vergangenen Jahr einen Schüler tätlich angegangen.

»Man kann ihm formal unheimlich schwer etwas vorwerfen«, sagt auch eine Lehrerin auf die Frage, wie weit denn ein Schulleiter gehen dürfe. »Trotzdem ist er in dem Amt untragbar — dafür braucht man nur Beweise.« 1990 vermuteten die Lehrer, Ebert habe handschriftliche Nebenakten über jeden einzelnen von ihnen angelegt, und beriefen eine Konferenz ein. »Er führt Buch über jeden von uns«, sagt ein Lehrer auch heute noch. Nachzuweisen war ihm das aber nicht. Es blieb bei einer Rüge des Bildungsstadtrats Thomas Härtel, der jetzt disziplinarrechtliche Vorermittlungen eingeleitet hat.

Bespitzelt fühlen sich die Lehrer immer noch. Bei einer Kollegin rief Ebert vor zwei Wochen privat an. Ihm sei zu Ohren gekommen, sie habe gesagt, er würde den Vorfall aufputschen, um in die Medien zu kommen. Er erwarte eine schriftliche Stellungnahme. »Ebert hat seine Ohren überall«, sagt eine Lehrerin. »Es gibt genug Leute, die ihn schützen.«

Die Pause ist zu Ende. Die Schüler sind gut trainiert. Pünktlich verlassen sie den Hof. Sie wissen, warum. »Als ich mal zwei Minuten zu spät gekommen bin, hat Ebert mich nicht mehr ins Gebäude gelassen und mir ein Verfahren wegen Hausfriedensbruch angedroht«, erzählt eine Schülerin.

Konsequent ist er. »Wer seine Arbeiten nicht ordentlich erledigt, wird mit sechs bewertet. Wer unentschuldigt fehlt, auch stundenweise, wird aus der Schülerliste gestrichen. Wer sich asozial aufführt...«, schrieb Hansjörg Ebert schon vor dreizehn Jahren an Schüler und Eltern. Der Brief ist mit der Nationalhymne unterschrieben. Wenn der Schulleiter, der gerne auch seine Mitgliedschaft in der Freiwilligen Polizeireserve betont, wegen des erneuten Wirbels um seine Person nicht suspendiert wird, bleiben ihm weitere vier Jahre bis zur Pensionierung. Jeannette Goddar